© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Meldungen

"Neunergruppe" als neuer Antrieb in der EU

PARIS. Der französische Innenminister Nicolas Sarkozy hat vorgeschlagen, daß eine "Neunergruppe" als Antrieb in der EU fungieren solle. Dazu sollten neben Frankreich auch Deutschland, Großbritannien, Spanien, Italien und Polen sowie Belgien, Luxemburg und die Niederlande gehören. "Haben wir den Mut, die offensichtliche Wahrheit zu akzeptieren: Man hat nicht dasselbe Gewicht, wenn man eine Million oder 62 Millionen Einwohner hat", erklärte der Chef der Regierungspartei UMP. Wenn man allen 25 Staaten denselben Status geben wolle, lähme man die EU. "Die Achse der sechs Großen und der Benelux-Staaten ist die einzig mögliche", so Sarkozy letzte Woche. "Im Innern dieser Pioniergruppe könnte das deutsch-französische Paar sein ganzes Gewicht einbringen." Sarkozy gilt als Rivale und möglicher Nachfolger von Präsident Jacques Chirac. Die ausdrückliche Erwähnung der Irakkriegsbefürworter Großbritannien und Polen deutet an, daß mit ihm ein Wandel in der Pariser Außenpolitik verbunden wäre.

 

Tschechen lehnen EU-Verfassung ab

PRAG. Die EU-Verfassung wird laut einer aktuellen Umfrage von einer Mehrheit der Tschechen abgelehnt. Bei einem Referendum würden nur 19 Prozent für das Dokument stimmen, 29 Prozent würden es ablehnen. 25 Prozent der 2.333 vom Prager Institut SC&C Befragten meinte, daß es angesichts der Ablehnung in Frankreich und den Niederlanden überflüssig sei, den Ratifizierungsprozeß fortzusetzen. 27 Prozent gaben an, die EU-Verfassung und deren Ratifizierung sei ihnen völlig egal. Der rechtsliberale EU-Abgeordnete Jan Zahradil von der Partei ODS des tschechischen Präsidenten Václav Klaus zeigte sich erfreut über die Umfrage. Für Kommunisten-Chef Miroslav Grebenicek ist die EU-Verfassung damit "schon unter dem Tisch". Die Regierung des sozialdemokratischen Premiers Jirí Paroubek plant eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung gleichzeitig mit den Parlamentswahlen im Juni 2006.

 

Arbeitssuche im EU-Ausland wird prämiert

PRESSBURG. Die slowakische Regierung will Arbeitslosen eine Prämie zahlen, wenn sie sich in den EU-Nachbarstaaten eine Arbeitsstelle suchen. Die Prämie soll hundert Prozent der Reisekosten zum neuen Arbeitsort abdecken. Die Prämie werde in einem zunächst auf maximal 4.000 Teilnehmer begrenzten Test von den örtlichen Arbeitsämtern ausgezahlt, erläuterte eine Sprecherin des Preßburger Arbeitsministeriums. Voraussetzung sei, daß der Betreffende mindestens drei Monate arbeitslos gemeldet war. Zielländer seien die EU-Nachbarn Österreich und Ungarn, aber auch Tschechei und Polen. Die Slowakei hat wiederholt die in vielen EU-Ländern gültige siebenjährige Übergangsfrist zur Öffnung des Arbeitsmarktes für EU-Neumitglieder kritisiert. Nach Polen hat die Slowakei mit 17,5 Prozent derzeit die zweithöchste Arbeitslosenrate innerhalb der EU.

 

"Letzter Stalinist" Westeuropas ist tot

LISSABON. Der langjährige Chef der portugiesischen Kommunisten (PCP), Álvaro Cunhal, ist letztes Wochenende im Alter von 91 Jahren gestorben. Als "Feind Nummer eins" der autoritären União-Nacional-Regierung von António de Oliveira Salazar war er elf Jahre politischer Gefangener. Die PCP führte Cunhal von 1961 bis 1992, zunächst aus dem Exil in Moskau und Prag. Er orientierte sich am Kurs der Sowjetunion und rechtfertigte 1961 den Bau der Berliner Mauer und 1968 den Einmarsch sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei. In der "Nelkenrevolution" 1974 übte er großen Einfluß auf die Militärjunta aus. Unter General Vasco Gonçalves war Cunhal Minister.

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