© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

Frisch gepresst

Dehio. Den Nachnamen des Kunsthistorikers Georg Dehio hat jeder Bildungsreisende schon einmal gehört oder fleißig die unter diesem Namen erscheinenden Kunstführer konsultiert. Wer der Mann war, wo geboren, wo gewirkt, wo gestorben - darüber können heute bestenfalls Wissen-schaftshistoriker der Kunstgeschichte Auskunft geben. Wie aber Peter Betthausens umfangreiche Dehio-Biographie zeigt, lohnt die nähere Bekanntschaft. Vorausgesetzt, man erhält die Möglichkeit, den 1850 in Reval geborenen, 1932 in Tübingen gestorbenen Dehio auch im zeithistorischen Kontext kennenzulernen, also ihn in einer Art präsentiert zu bekommen, wie der Verfasser des "Handbuchs der deutschen Kunstdenkmäler" selbst seine Arbeit verstand, als Verknüpfung der Kunst mit der "Ganzheit" des politischen und kulturellen Lebens. Betthausen, der sich kundig und quellengesättigt gerade der baltischen Anfänge dieses Gelehrtenlebens annimmt, der ausführlich aus den überlieferten Briefwechseln zitiert und Dehios Wirken besonders an der Reichsuniversität Straßburg vielfädig mit den Zeitläuften verknüpft, erfüllt diese Erwartungen in jeder Hinsicht. Einen ungewöhnlichen Ton schlägt er in der Einleitung an: Europa werde auf unabsehbare Zeit ein Kontinent der Vaterländer bleiben. Daher müßten sich auch die Deutschen wieder als Nation begreifen und ihre Identität in der Geschichte finden. Bei dieser Identitätssuche spiele die Kunstgeschichte keine geringe Rolle. Das habe Dehio vor hundert Jahren erkannt. Auch deshalb sei eine Wiederbegegnung mit diesem Kunsthistoriker von mehr als bloß antiquarischem Interesse (Georg Dehio. Ein deutscher Kunsthistoriker. Deutscher Kunstverlag, München 2004, 464 Seiten, gebunden, 44,90 Euro).

Provinz Brandenburg. Für Bibliophile oder Sammler regionaler Literatur sind landeskundliche Übersichten, Heimatkreisbücher oder sogar Güteradreßbücher gefragte Schätze. Einige dieser Exemplare sind in Antiquariaten oder selbst im Netz kaum mehr zu bekommen. Die "Landeskunde Preußens", eine Anfang des zwanzigsten Jahrhundert herausgegebene Schau der Provinzen zwischen Maas und Memel, ist nun als Reprint wieder erschienen. In aufwendiger Präsentation kann man sich dort mit Bewohnern, Landschaften und Verwaltung dieser Provinzen zu Kaisers Zeiten vertraut machen. Als Einstieg in diese Reihe wird die Kernprovinz Brandenburg vorgestellt, herausgegeben 1901 von dem preußischen Heimatforscher August Beuermann. Obwohl die märkischen Landschaftsporträts nicht an die früheren Schilderungen Fontanes heranreichen, hat Beuermanns eher nüchterne Betrachtung eine ähnliche Funktion eingenommen - nämlich die Entdeckung einer vergangenen Region zwischen Warthe, Bober und Elbe (Landeskunde Preußens. Die Provinz Brandenburg. Archiv Verlag, Braunschweig 2005, 148 Seiten, gebunden, 29,80 Euro).

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