© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/05 17. Juni 2005

5,5 Millionen Schicksale
Die militärischen Verluste
Matthias Bäkermann

Am Ende der Schlacht werden die Toten gezählt. Diese sprichwörtlich gewordene Feststellung hat seltsamerweise nach Ende des Zweiten Weltkrieges nur eine unbefriedigende Entsprechung gefunden. So werden zwar in jedem historischen Werk irgendwelche Opferzahlen der Kriegsparteien präsentiert, doch kaum jemand kann diese genauer verifizieren, und oft sind sie schlicht fehlerhaft. In den meisten Werken werden die deutschen militärischen Verluste mit etwa drei bis vier Millionen Soldaten beziffert. Wie sich zeigt, sind diese - wie der Historiker Rüdiger Overmans einräumt - teilweise propagandistisch manipulierten Zahlen kaum mehr zu halten.

Overmans hat sich seit 1987 mit dem Zusammentragen der Menschenverluste für das Projekt "Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg" im Militärgeschichtlichen Forschungsamt beschäftigt und 1999 erstmals seine Untersuchungen in Buchform präsentiert. Seine im Herbst 2004 erschienene dritte Auflage hat das mittlerweile zum Standardwerk avancierte Buch auf den neuesten Stand gebracht. Demnach sind etwa 5,5 Millionen deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg gefallen. Diese Zahl hatte bereits der sowjetische Wissenschaftler Boris Urlandis 1965 als wahrscheinlich eingeschätzt, der schon damals mahnend anmerkte, seine Historiker-Kollegen unterschätzten die Bedeutung der Endkämpfe. Und in der Tat krankt das von Overmans zu Rate gezogene Material - hauptsächlich aus der Wehrmachtsauskunftsstelle (WASt) - daran, daß gerade für das Jahr 1945 mit seinen verlustreichen Kämpfen zwischen Weichsel und Elbe kaum noch gesicherte Zahlen vorliegen. Ferner sind die Verluste der Waffen-SS nur rudimentär erfaßt, da diese nicht regelmäßig ihre Verluste an die WASt weitermeldete.

Aus der bis 1944 jedoch recht zuverlässigen Erfassung hat Overmans auch die Geburtsjahrgänge der Gefallenen, regionale Zuordnung etc. in Übersichten anschaulich präsentiert. Dabei wird beispielsweise deutlich, daß allein im August 1944 an der Ostfront, als die Heeresgruppe Mitte und Südukraine zusammenbrach, die Verluste von 277.465 deutschen Soldaten die von Stalingrad noch weit übertrafen. 

Rüdiger Overmans: Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg. Oldenbourg Verlag, München 2004, 367 Seiten, broschiert, 39,80 Euro

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