© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/05 24. Juni 2005

Karl-Heinz Schmick
Allein gegen alle
von Doris Neujahr

Dem Berliner Gymnasiallehrer Karl-Heinz Schmick ist in dieser Welt nicht zu helfen. Hätte er im Geschichtsunterricht Lehrbücher aus der Frühzeit der DDR benutzt, die Stalin als "Vater aller Völker" und "Besten Freund des deutschen Volkes" preisen, er wäre vom rot-roten Senat wohl "durchgewinkt" worden. Doch Schmick hatte es gewagt, Stalin mit Hitler zu vergleichen, und damit, so der Sprecher des Berliner Verwaltungsgerichts, "leichtfertig den Verdacht erweckt, er sei ein Rechtsextremist". Man muß das schlimmste aller Gesinnungsverbrechen also nicht einmal mehr verüben, sondern nur den Eindruck erwecken, um - gerichtlich sanktioniert - zehn Prozent vom Gehalt abgezogen zu bekommen.

Eigentlich wollte die Berliner Schulbehörde mit dem Prozeß den endgültigen Rauswurf Schmicks erreichen. Doch das Gericht sah sich nicht in der Lage, ihm "Leugnung des Holocausts oder Relativierung von NS-Verbrechen" (Berliner Zeitung) nachzuweisen, und beließ es bei der Gehaltskürzung.

Eine jahrelange Menschenhatz und Rufmordkampagne (JF 43/03) hat damit ihr Ende gefunden. Vier Jahre lang war Schmick vom Schuldienst suspendiert und sozial als "Rechtsradikaler" gebrandmarkt. Beteiligt waren Elterninitiativen - dabei auch Fernsehmoderator Günther Jauch -, Schüler-IMs, die Antifa und Bild, kurzum: die üblichen "Anständigen". Angefeuert von den Oberanständigen Rau und Thierse, hatten sie den 56jährigen als Feind des Guten identifiziert und beschlossen, ihn zu jagen und gesellschaftlich zu vernichten.

Schmick ist ein eigenwilliger Mensch, keiner, der mit der linksliberalen Welt im Einklang lebt, sondern jemand, der seine Schüler auffordert, die gängigen Geschichtsbilder zu überprüfen. Seine Schüler - so das Gericht zur Begründung der Gehaltskürzung - hätten weder das Fachwissen noch die Reife besessen, mit den geschichtswissenschaftlichen Differenzierungen zum Nationalsozialismus und zum Diktatorenvergleich umzugehen, denen sie der Lehrer ausgesetzt habe. Im Klartext: Nicht historische Bildung, sondern die Aufzucht gutgläubiger "Schafe" ist der Zweck des Geschichtsunterrichts.

Gewiß, auf seine Umwelt mag Schmick skurril wirken. Der Junggeselle lebt inmitten Tausender Bücher und mehrerer Hunde, die er einem Forschungslabor abgekauft hat. Aber um den Mut aufzubringen, sich mit der Wehrmachtsausstellung des Multimillionärs Reemtsma anzulegen, wie er es unter anderem mit seiner "beachtenswerten Studie" (Stefan Scheil in JF 27/03) getan hat, braucht es wohl eine gewisse "Randständigkeit".

Der SPD-Bildungssenator will gegen das Urteil in Berufung gehen. Doch schon jetzt hat Schmick durch seinem Starrsinn der Gegenseite den Beweis abgezwungen, daß man das Stasi-Prinzip gar nicht institutionalisieren muß, um es in Kraft zu setzen. Es reicht, daß sich normalmenschliche Schweinigelei mit ideologischer Verblendung vereint.


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