© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/05 01. Juli 2005

Keine Überweisung unter dieser Nummer
"Kampf gegen Rechts": Deutsche Bank kündigt Geschäftsbeziehungen mit dem Institut für Staatspolitik / Kubitschek vermutet politischen Hintergrund
Marcus Schmidt

Die Deutsche Bank hat dem Institut für Staatspolitik (IfS) ohne Angabe von Gründen zum 29. Juli sämtliche Konten gekündigt. Davon betroffen sind auch das Konto der Edition Antaios sowie das Privatkonto von Götz Kubitschek, einem der Leiter des IfS.

"Ich habe in der vergangenen Woche von der Deutschen Bank die Mitteilung erhalten, daß meine Konten gekündigt werden", sagte Kubitschek der JUNGEN FREIHEIT. Die Kündigung sei mit Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Geldinstitutes erfolgt. Demnach ist die Bank bei einer Kontokündigung nicht verpflichtet, Gründe für die Entscheidung zu nennen. Kubitschek sagte, er habe mehrfach bei der Bank angerufen, um die Gründe für die angekündigte Auflösung der Geschäftsbeziehungen in Erfahrung zu bringen. In einem "netten Ton" hätten ihm die Bankmitarbeiter zu verstehen gegeben, daß sie ihm keine Auskunft zu den Gründen zu erteilen brauchten. Eine Antwort der Bank auf eine schriftliche Anfrage der JF lag bei Redaktionsschluß noch nicht vor.

Kubitschek vermutet, daß das Geldinstitut ihm aus politischen Gründen die Zusammenarbeit aufgekündigt habe. Es gebe Anhaltspunkte, daß ein Zusammenhang mit der seinen Angaben zufolge sehr erfolgreichen Anzeigenkampagne des IfS zum 60. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai besteht. Im Vorfeld des Jahrestages hatte das Institut für Staatspolitik mehrere Anzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der JUNGEN FREIHEIT geschaltet, in der ehemalige Generäle der Bundeswehr dazu aufgerufen hatten, den 8. Mai differenziert zu bewerten und nicht alleine als Tag der Befreiung wahrzunehmen (JF 17/05). Auf der Anzeige war sowohl die Adresse des Institutes als auch die Kontonummer der Einrichtung bei der Deutschen Bank angegeben. "Durch diese Anzeige hat das IfS deutschlandweit einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt", sagte Kubitschek. Dieser Bekanntheitsgrad wirkt sich jetzt offensichtlich zu seinen Ungunsten aus.

Hinzu kommt, daß das Institut in den vergangenen Wochen in der Berliner Presse in die Schlagzeilen geraten war, nachdem das Boulevardblatt B.Z. dem CDU-Mitglied Gérard Bökenkamp einen Besuch eines IfS-Seminars vorgeworfen hatte. Der Bericht erschien mit der Schlagzeile "Ja ich war auf dem Nazi-Seminar". Bökenkamp hat mittlerweile der Union den Rücken gekehrt. Zudem war im Mai ein Artikel im Magazin Stern erschienen, der das Institut in Verbindung mit dem Rechtsextremismus und der NPD gebracht hatte.

All dies spreche dafür, daß politische Gründe für die Kontokündigung ausschlaggebend waren. Diese Entscheidung sei wahrscheinlich nicht in der Konzernspitze gefallen, sondern von "irgend jemandem innerhalb der riesigen Organisation", glaubt Kubitschek. Für einen politischen Hintergrund und die Vermutung, daß die Deutsche Bank einen schärferen Kurs gegenüber dem Institut eingeschlagen hat, spricht auch, daß nach Angaben des IfS seit der Kontokündigung zahlreiche Überweisungen von Förderern des Institutes trotz korrekt angegebener Kontonummer von der Bank mit Verweis auf eine fehlerhafte Empfängerangabe zurückgewiesen worden sind. Zuvor habe die Bank solche Abweichungen nicht beanstandet, berichtete Kubitschek.

Unwahrscheinlich sei, daß wirtschaftlichen Überlegungen des Geldinstitutes den Ausschlag für die Kündigung gegeben haben. Kubitschek sage, er habe mit Kunden der Deutschen Bank gesprochen, deren Konten ein ähnliches Transaktionsvolumen aufwiesen - und die bislang nicht von einer Kontokündigung betroffen seien. Daher sei es unwahrscheinlich, daß das IfS Opfer einer Geschäftsbereinigung der Deutschen Bank sei.

Für das IfS bedeutet die Kontokündigung nicht zuletzt finanzielle Einbußen und eine Menge Arbeit. "Wir können beispielsweise 20.000 Blatt Briefpapier, die mit unserer Kontonummer bei der Deutschen Bank versehen sind, in Zukunft nicht mehr verwenden", sagte Kubitschek. Zudem müßten zahlreiche Daueraufträge umgeleitet und sämtliche Abonnenten der Zeitschrift Sezession sowie Förderer des IfS angeschrieben werden und über die neuen Kontonummern informiert werden.

Doch vor allem anderen muß sich das Institut jetzt um eine neue Bank bemühen. In Frage kommen hierfür vor allem die Postbank, an der der Bund nachwievor beteiligt ist, sowie öffentliche Sparkassen. Diese Institute sind in der Regel durch ihren öffentlichen Charakter dazu verpflichtet, jedermann ein Konto zu führen. Das zeigt auch das aktuelle Beispiel des Versandhandels "Lesen und Schenken" aus Kiel: Der Firma war im September 2000 von der Postbank das Konto gekündigt worden. Das Oberlandesgericht Hamburg verurteilte das Geldinstitut jetzt dazu, das Konto wieder einzurichten und "Lesen und Schenken" Schadensersatz zu leisten.

Diesen Erfolg wird Kubitschek und das Institut für Staatspolitik wohl kaum wiederholen können. "Es hat für uns keinen Sinn, gegen die Deutsche Bank zu klagen", sagte er. Da es sich um ein privates Unternehmen handele, habe die Bank aufgrund der Vertragsfreiheit das Recht, ohne Vorgaben zu entscheiden, mit wem sie Verträge abschließt und mit wem nicht.


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