© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Beschluß zur Dezimierung des deutschen Volkes
Zehn Jahre neuer Paragraph 218: Lebensrechtler ziehen negative Bilanz / Seit 1995 mehr als 2,1 Millionen Kinder getötet
(idea)

Lebensrechtsbewegungen haben anläßlich der Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes vor zehn Jahren eine negative Bilanz gezogen. Sie fordern eine Überprüfung des Strafgesetzbuch-Paragraphen 218. Das Statistische Bundesamt registrierte von 1995 bis 2004 insgesamt 1.279.632 Abtreibungen. 97 Prozent erfolgten aufgrund der "Beratungsregelung", wonach Abtreibungen "rechtswidrig, aber straffrei" sind, wenn die Frau zuvor eine Beratungsstelle aufsucht. Die Bevölkerung sehe Abtreibungen weitgehend als erlaubt an, kritisiert die mitteldeutsche Lebensrechtsorganisation KALEB (Kooperative Arbeit Leben Ehrfürchtig Bewahren). 90 Prozent der Abtreibungen würden vom Steuerzahler finanziert, der dafür jährlich über 40 Millionen Euro aufbringen müsse. Laut Kaleb geht das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden davon aus, daß die offizielle Statistik nur 60 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche erfasse. Demnach seien tatsächlich mehr als 2,1 Millionen Ungeborene getötet worden. Das entspreche der gesamten Einwohnerzahl von Hamburg und Leipzig oder 85.300 Schulklassen. Die Kaleb-Vorsitzende, Dorothea Dehn, wirft dem Gesetzgeber vor, der vom Bundesverfassungsgericht 1993 verlangten Überprüfung und Nachbesserung des Paragraphen 218 nicht nachgekommen zu sein. Dies sei "in höchstem Maße unverantwortlich".

Die innerhalb der Unionsparteien engagierten Christdemokraten für das Leben (CDL) halten die Reform des Paragraphen 218 für eine ethische und rechtliche Sackgasse, die sich als demographischer Bumerang erwiesen habe. Die Abtreibungsquote steige. 1996 seien 16,1 Abtreibungen auf 100 Geburten gekommen, heute seien es 18,5. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Schwangerschaft mit einer Abtreibung ende, betrage 10,6 Prozent. Die Politik habe zugelassen, daß die meisten Bürger Abtreibung als gesetzlich finanzierte und geförderte Methode zur Verhütung betrachteten. Außer dem Kind gehöre auch die Mutter zu den Abtreibungsopfern. Die psychischen und körperlichen Folgeschäden seien weitgehend unbekannt.

Die CDL-Vorsitzende, Mechthild Löhr, fordert eine Verbesserung der sozialen und finanziellen Rahmenbedingungen für Eltern und Kinder. Der Vorsitzende der katholischen Aktion Leben, Walter Ramm, kritisiert den Paragraphen 218 als Beschluß zur "Dezimierung des deutschen Volkes". Inzwischen sei die Gesellschaft dramatisch überaltert.


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