© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/05 08. Juli 2005

Lebensstil: Die Wasserflasche
Moderner Fetisch
Frank Liebermann

Der Sommer bringt es an den Tag. Deutschland verdurstet. Täusche ich mich, oder ist das eine neue Form von Geisteskrankheit? Sobald die Temperaturen so auf circa 20 Grad steigen, dreht ein gewisser Teil der Bevölkerung komplett durch.

Überall schleppen die Menschen ihre Wasserflaschen mit sich. Und da gibt es keine Unterschiede in den sozialen Schichten! Anzugträger, Touristinnen oder Ökotussis, alle scheinen am Verdursten zu sein. Ständig wird mit einer Riesen-Plastikflasche hantiert, oder sie wird aus irgendeiner Tasche gezogen, aufgemacht, daran genippt und verschlossen, bis sich das Ritual nach höchstens fünf Minuten wiederholt. Sind Kinder dabei, werden diese von den Muttis schon mit der neuen Macke kontaminiert, indem sie ihnen ständig eine Flasche unter die Nase halten.

Natürlich weiß man, daß alles Leben im Wasser entstanden ist, unser Planet zu siebzig Prozent daraus besteht und unserer Körper zu vier Fünfteln. Aber muß dieses würdelose Trinken aus der Plastikpulle sein? Früher hatten die Menschen, die immer etwas trinken mußten, wenigstens noch einen Flachmann!


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