© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/05 15. Juli 2005

Nur die Freien und Frohen werden das Land gewinnen
Vermittler des Guten und Schönen: Vor fünfzig Jahren starb der Theologe Ludwig Wolker, ein Pionier der Jugendseelsorge und des Deutschen Sportbundes
Manfred Müller

Ein Prälat als Spitzenfunktionär des deutschen Sports, das kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Wegen seiner großen Verdienste beim Neuaufbau des Sports im (westlichen) Nachkriegsdeutschland wurde Ludwig Wolker 1948 Vorsitzender des Deutschen Sportbeirates und gehörte von 1950 bis zu seinem Tod im Jahre 1955 dem Präsidium des Deutschen Sportbundes und dem Nationalen Olympischen Komitee an.

Der 1887 in München geborene Wolker gewann als Kaplan und als Religionslehrer an Berufsschulen praktische Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen. Seine zupackende und humorvolle Art, gepaart mit tiefer Frömmigkeit, machte ihn bald als Jugendseelsorger bekannt. 1926 wurde er Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMV) und Reichsvorsitzender der katholischen Sportorganisation "Deutsche Jugendkraft" (DJK). Vom Jugendhaus Düsseldorf aus, der Reichszentrale des KJMV, brachte Wolker Schwung in die Jugendarbeit, schuf sich einen Stab talentierter Mitarbeiter und verhalf mit ihnen jugendbewegter Lebensart zum Durchbruch in seinem Verband.

Der wortgewaltige "General", wie er von den Jugendlichen genannt wurde, brachte seine Konzeption katholischer Jugendarbeit auf die griffige Formel: "Jugendreich - Deutsches Reich - Gottesreich". Im "Jugendreich" sollte ein frohes Jugendleben möglich sein - aber nicht losgelöst von der staatsbürgerlichen Verantwortung und der tätigen Mitarbeit am Kommen des Reiches Gottes.

Wolkers christliche Reichsidee war den nationalsozialistischen Vorstellungen vom Reich entgegengesetzt. Mit der Losung "Für Christi Reich in einem neuen Deutschland" kämpfte er gegen den NS-Totalitarismus. Den zahlreichen Schmähungen der katholischen Jugend und der Kirche durch fanatische Nationalsozialisten stellte Wolker unmißverständliche Worte entgegen: "Nichts und niemand kann uns den deutschen Namen, kann uns die deutsche Ehre nehmen, nicht Schmähung und Gewalt. Denn dieser Name und diese Ehre, sie sind in uns und nicht außer uns. Und nichts und niemand kann unsre deutsche Treue brechen, kein Feind von außen und kein Feind von innen, denn unsre Treue wurzelt im innersten Wesen und im Willen des Herrn." In dem sich zuspitzenden Weltanschauungskampf des Dritten Reiches saß Wolker 1936 drei Monate im Gefängnis.

Bis 1939 vollzog sich sukzessiv das Verbot bzw. die Auflösung der katholischen Jugendverbände. 1945 wurde Wolker Leiter der Bischöflichen Hauptstelle für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation in den deutschen Diözesen. Mit der ganzen Kraft seiner dynamischen Persönlichkeit setzte er sich für die Schaffung eines Dachverbandes der katholischen Jugendorganisationen ein, des Bundes der Katholischen Jugend (BDKJ), der 1947 in den Westzonen entstand. In ihm war Wolker von 1947 bis 1952 Geistlicher Leiter der Mannesjugend und von 1947 bis 1953 Vorsitzender der DJK.

Wolker förderte alles, was den jungen Menschen einen Zugang zum Guten und Schönen (im weltlichen und im geistlichen Sinne) ermöglichen konnte. Als Beispiel nehme man das "Altenberger Singebuch", mit dem ein qualitativ hochstehendes Singen in Heimrunden, Feierstunden, Lagern der katholischen Jugend angeregt werden sollte. Zur Erst-auflage 1947 schrieb Wolker: "Denn darauf kommt es uns an: Daß die Jugend in der ganzen Breite wieder singen lernt, im Singen neue Lebensfreude gewinnt und Lebensfreude weiter singt über alle graue Not hinweg in Familie und Volk hinein (...) Ihr, Jungen und Mädchen im deutschen Land, seid aufgerufen: Singet euch frei! Singet euch froh! Nur die Freien und Frohen werden das Land gewinnen."

Am 17. Juli 1955 starb Ludwig Wolker während eines Urlaubs in der Nähe von Ravenna.

Ludwig Wolker (Foto)


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