© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/05 15. Juli 2005

Frisch gepresst

Carl Schmitt. Seine 2000 veröffentlichte Dissertation über "Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre" hat den 1966 in Zürich geborenen jüdischen Historiker Raphael Gross zum Direktor des Zentrums für German Jewish Studies in Sussex und zum Direktor des Leo Baeck Instituts in London aufsteigen lassen. Nun ist diese Arbeit als Taschenbuch erschienen (Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1754, Frankfurt/Main 2005, 460 Seiten, 15 Euro). In einem Anhang blickt Gross selbstgefällig auf die Rezeptionsgeschichte der letzten fünf Jahre, die seine These von der zentralen Fixierung Schmitts auf "das Jüdische" und die lückenlose "antisemitische Kontaminierung" seines Werkes bestätigt hätte. Trotzdem ist Gross unzufrieden. Nicht nur habe Günter Maschkes Rezension "in der rechtsextremistischen Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT" (JF 25/05) ihm Fehler nachgewiesen. Als viel bedrohlicher registriert er die internationale Schmitt-Rezeption, die dabei sei, diesen mit John Rawls "auf gleicher Augenhöhe als Demokratietheoretiker einzuführen". Zudem behandelten Schmitt Dutzende von Büchern, ohne zu ahnen, daß so NS-Staatsrecht und "in den letzten Jahren auch oft NS-Völkerrecht" fortgeschrieben werde. Wirklich unerhört!

Philosophie und Moral. Der Konstanzer Sozialphilosoph Rolf Zimmermann, Schüler des politisch-pädagogisch rabiaten Moralisten Ernst Tugendhat, macht sich ganz im Sinne seiner Prägung durch die späte "Frankfurter Schule" Gedanken über die "Philosophie nach Auschwitz" (Eine Neubestimmung von Moral und Politik in Politik und Gesellschaft, Rowohlt Verlag, Reinbek 2005, 268 Seiten, 12,90 Euro). Seine Reflexionen über den möglichen gesellschaftlichen Nutzwert seines Faches reduzieren sich, fest überzeugt von der "Gefahr der Wiederholung von Auschwitz", auf die Überzeugung, daß der Holocaust erinnerungspolitisch universa-lisierbar gemacht werden müsse. Diese über die "Amerikanisierung" hinausführende "Kosmopolitisierung" werde Auschwitz in ein "universales Gebot transformieren", welches die "allgemeinen Menschenrechte zu einem politisch relevanten Begriff im Bewußtsein der an dieser neuen Erinnerung teilnehmenden Menschen" mache. Angesichts neuer Theorien über die erstaunlich kurze, kaum drei Generationen umfassende historische Erinnerung, ist dies eine so ehrgeizige wie optimistische Perspektive für Zimmermanns Moralphilosophie.

Adenauer in Moskau. Kaum eine außenpolitische Handlung des ersten Bundeskanzlers ist so in Erinnerung geblieben, wie die "Heimholung" der letzten deutschen Kriegsgefangenen und der Beginn diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik zur Sowjetunion, der sich diesen Herbst zum fünfzigsten Male jährt. Anlaß genug für die Konrad-Adenauer-Stiftung, das auf Akten fußende Werk des Botschafters a. D. Werner Kilian herauszugeben (Adenauers Reise nach Moskau. Herder Verlag, Freiburg i. Br. 2005, 381 Seiten, broschiert, 15 Euro)


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