© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/05 22. Juli 2005

Besser spät als nie
von Thomas Paulwitz

Ist Jürgen Rüttgers ein vielversprechender oder ein viel versprechender Politiker? Vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl hatte er versprochen: "Die CDU wird nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im Mai 2005 dafür sorgen, daß man zu den bewährten Regeln zurückkehrt." Mittlerweile ist Rüttgers Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Nun hat er zwei Wochen vor der Teilinkraftsetzung der Rechtschreibreform erklärt, daß Nordrhein-Westfalen genau wie Bayern nicht mitmacht und bis auf weiteres an den Schulen die bewährte Rechtschreibung zuläßt.

War das Torschlußpanik oder warf bereits der Bundestagswahlkampf seine Schatten? Tatsache ist: Die Ministerpräsidenten hätten schon im Juni ihre Kultusminister anweisen können, dem babylonischen Irrsinn nicht zuzustimmen, daß Teile der mißlungenen Rechtschreibreform an den Schulen verbindlich werden, während der Rechtschreibrat noch an Nachbesserungen arbeitet.

Doch besser spät als nie und immer noch besser als der viel versprechende Umfaller Christian Wulff, der in Niedersachsen bei der Einführung der Reform bleibt. Der von der KMK eingesetzte, nun aber gegängelte Rechtschreibrat hat jetzt wieder mehr Luft zum Arbeiten. Er wird freilich nie guten Gewissens behaupten können, seine Arbeit sei abgeschlossen; denn die Reform ist von Grund auf verkorkst. Zu Recht bezeichnet sie der Ratsvorsitzende Hans Zehetmair als "Altlast". Da bleibt nur eins: Weg damit!


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