© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/05 29. Juli / 05. August 2005

Die Nerven liegen blank
von Alexander Griesbach

Die Nerven bei den sonst gelassenen Briten liegen nach einer zweiten Welle von Terroranschlägen in London blank. Mit gutem Grund: Daß ein Ort, an dem ein Terrorakt stattfand, kurze Zeit später erneut von Attentaten heimgesucht wird, darf wohl als Novum in der neueren Geschichte der internationalen Terrors gelten. Opfer der grassierenden Nervosität wurde der Brasilianer Jean Charles de Menezes, der den Verdacht der Polizei erregte, die unter dessen dicker Jacke einen Sprengsatz vermutete. Was folgte, ist bekannt: Menezes wurde aus nächster Nähe mit Kopfschüssen regelrecht hingerichtet. Jetzt mußten die britischen Behörden zugeben, daß der Brasilianer, der offensichtlich das Weite suchte, weil sein britisches Visum abgelaufen war, unschuldig war. Selbst wenn man diese Umstände berücksichtigt: Menezes' Tod wirft unangenehmer Fragen auf.

Und es sollte nicht die einzige schlechte Nachricht für die Regierung Blair bleiben. Nach einer neuen Umfrage glauben 85 Prozent der Briten, daß die Beteiligung ihres Landes am Irak-Krieg eine der Ursachen für die Terroranschläge sei. Tony Blair hat bisher immer betont, daß beides nichts miteinander zu tun habe. Sein Verhalten erinnert an Spaniens Ex-Premier José María Aznar, der die Anschläge von Madrid in vollem Wissen um die wirklichen Hintergründe der baskischen Eta in die Schuhe zu schieben versuchte. Aznar wurde von den Spaniern daraufhin ganz schnell in die Wüste geschickt. Auch wenn er kürzlich wiedergewählt wurde - kein gutes Omen für Blair.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen