© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

Meldungen

Neuer Raum im alten Hohl-Raum

BERLIN. Die Rede vom "Raum", so heben die Herausgeber eines dieser "vergifteten" Thematik gewidmeten Osteuropa-Heftes (3/05) an, erinnere immer noch an den "nationalsozialistischen Diskurs" über "Ostraum" und "Lebensraum". Trotzdem könne man nicht bestreiten, daß Zeit und Raum "fundamentale Kategorien" seien, die das politische Sein des Menschen bestimmen und sein soziales Handeln in allen Dimensionen beeinflussen. Der "Raum als Wille und Vorstellung" präge Wirtschaft und Handel, er konstituiere Herrschaft. Das steht gewiß außer Frage, doch die "mikro- und makrohistorischen Studien", die neue Einsichten über die politisch-soziale Wirksamkeit des Raumes versprechen, bleiben aus. Das gilt primär für Hans-Christian Petersens Traktat über "Ostforschung und Gebietsansprüche", der sich in anachronistischer "Braunbuch"-Manier der Biographie des Nationalökonomen Peter-Heinz Seraphim widmet. Sachlicher bietet zwar Markus Kroska eine Kurzfassung seiner Dissertation über den polnischen Expansionisten Zygmunt Wojciechowski (JF 23/04), doch das Geheimnis vom Einfluß des Raumes bleibt hier ebenso ungelöst. Und auch der Anwalt des neuen "Raumdiskurses", der in Frankfurt/Oder lehrende Osteuropahistoriker Karl Schlögel, verbreitet im Leitaufsatz soviel Ratlosigkeit wie in seinem 500seitigen Opus von 2003 ("Im Raume lesen wir die Zeit"). Denn Plattheiten wie "Menschliche Vergesellschaftung kreist in der Regel um bestimmte Orte" und verblasene Ankündigungen über eine Osteuropakunde, die zur "Selbstaufklärung der Europäer" beitragen werde, verraten doch wohl nur etwas über den intellektuellen Hohl-Raum, in dem solcher "Diskurs" stattfindet.

 

Massengrab-Fund löst Spekulationen aus

PRAG. Die tschechische Zeitung Mlada fronta Dnes berichtete Anfang August über den Fund sterblicher Überreste von 54 Männern bei Taus (Domazlice) im bayerisch-böhmischen Grenzgebiet. "Von den älteren Bewohnern der umliegenden Ortschaften erfahren wir nichts, die schweigen eisern", sagte Fred-Jürgen Hipp vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge der Passauer Neuen Presse zur Geschichte des Massengrabes. Anhand der Uniformknöpfe könne man auf deutsche Soldaten schließen, Erkennungsmarken fehlten aber. Tschechische Historiker und Politiker bestreiten, daß es ermordete Kriegsgefangene sein könnten. Ihre Mutmaßungen reichen von hingerichteten NSDAP-Funktionären über erschossene Wehrmachts-Deserteure bis hin zu tschechischen KZ-Opfern.

 

Erste Sätze

Man konnte den Augenblick, da Rolf Runge zum ersten Mal seine Bestimmung für eine höhere Laufbahn bezeigte, ganz genau feststellen.

Georg Reicke: Der eigene Ton. Roman, Berlin 1907


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