© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/05 12. August 2005

Unsere Ostsee:
MDR-"Soap" für das TV-Kollektiv
Clemens Walter

Wozu Hollywood? Das Leben vor der eigenen Tür ist doch spannend genug. Also frischauf zur nächsten "Doku-soap"! Denn augenscheinlich versuchen die öffentlich-rechtlichen TV-Sender, ihre Hände in der Unschuld von vermeintlich angesagten Reality-Formate zu waschen. Also widmet sich nun der MDR ab 16. August in vier Folgen (immer dienstags um 20.45 Uhr) der "Urlaubslust" und dem "Ferienfrust" auf der Ostseeinsel Usedom. Im Mittelpunkt steht das familiengeführte Hotel Kaliebe in Trassenheide, das zu DDR-Zeiten ein staatliches Ferienlager beherbergte. Der damalige Koch und seine Frau haben die Anlage gekauft und daraus - allen Unkenrufen zum Trotz - ein Drei-Sterne-Hotel gemacht. Mit stolzem Ausrufezeichen verweist der Sender auf eine "ostdeutsche Erfolgsstory"!

Nicht selten: Der bange Blick gen Himmel

Abseits der berühmten Kaiserbäder wirft der Film von Jan Tenhaven einen Blick hinter die Kulissen der Urlauber und zeigt den 14-Stunden-Tag der Hotelierfamilie, deren Streben ganz auf das Glück der Feriengäste ausgerichtet ist - nicht selten bedeutet dies auch einen bangen Blick gen Himmel. Die Kamera begleitet die Gäste aus Mitteldeutschland, etwa eine Familie aus Magdeburg, die sich nach langer Arbeitslosigkeit "endlich wieder eine Auszeit an der Ostsee gönnt". Schadenfroh werden Bilder vom ersten Urlaubskrach versprochen; "Unvorhersehbares" bahne sich an. Spannung sei "garantiert". Mit Blick auf den Titel "Unsere Ostsee" und das damit perpetuierte Biotop von Ostmenschen darf das mit guten Gründen bezweifelt werden.


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