© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/05 09. September 2005

WIRTSCHAFT
Vom Kopf zum Rumpf
Bernd-Thomas Ramb

Der VW-Konzern plant die Reduktion seiner deutschen Belegschaft um 10.000 Mitarbeiter. Überwiegend ist davon das VW-Stammwerk in Wolfsburg betroffen. Gleichzeitig - aber vom Stellenabbau unabhängig - wird die Produktion eines neuen Geländewagens in Wolfsburg in Frage gestellt, obwohl dort die Kapazitätsauslastung nur 70 Prozent beträgt. In Portugal kann das Fahrzeug billiger gebaut werden. Zudem weisen die in Wolfsburg produzierten Hochpreisautos vom Typ Golf Qualitätsmängel auf - die anderen Produktionsstandorte sind wesentlich besser. Entlassen werden können die Wolfsburger VW-Arbeiter aber nicht. Sie genießen nach einem speziellen VW-Tarifvertrag Kündigungsschutz bis 2011.

Erst die kriminellen und Sex-Skandale auf der Führungsebene, jetzt die katastrophalen Qualitätsmängel bei der Produktion. Das alte Sprichwort "Der Fisch fängt beim Kopf an zu stinken" hat eben auch eine unausgesprochene Fortsetzung. Das spektakuläre Negativbeispiel des VW-Betriebsratsvorsitzenden war Höhepunkt langjähriger dubioser Machenschaften und sicher den VW-Arbeitern eher durchsichtig als der Öffentlichkeit. Wahrlich kein Motivationsschub für hohe Qualitätsanstrengungen. Hinzu kommt das "Ruhekissen" eines fast arbeitslebenslänglichen Kündigungsschutzes. Kein Wunder, daß VW bei der Produktion seines Großraum-Pkw Touran seine eigenen Tariffesseln zerschnitt und für die dort Beschäftigten eine besondere "Auto 5000"-Gesellschaft schuf. Da stimmen im Gegensatz zur Golf-Produktion Lohn und Qualität. Um die überentlohnten Arbeiter des Stammwerks loszuwerden, muß VW jetzt auch noch teure Abfindungen und Frührenten zahlen. Immerhin wird der Fisch entsorgt.


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