© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/05 14. Oktober 2005

Geldsegen für DDR-Funktionäre
Urteil: Gericht macht Weg für Rentennachzahlungen frei / Tausende sind davon betroffen
Ekkehard Schultz

Ehemalige hohe DDR-Funktionäre können mit höheren Renten rechnen. Am Freitag vergangener Woche hat das Berliner Sozialgericht die Forderung eines ehemaligen Hauptabteilungsleiters im DDR-Bauministerium auf Anerkennung seiner Zusatzversorgung für die Rentenberechnung für rechtens erklärt.

Die im "Anspruchs- und Anwartschaftsgesetz" vorgesehene Kürzung bei Personen der DDR-Nomenklatura, die ohne erkennbaren Grund - mutmaßlich aus politischen Gründen - Sonderversorgungsansprüche aufbauen konnten, sei auf den Kläger nicht anwendbar: Es sei nicht nachweisbar, daß der Betroffene "typischerweise ein überhöhtes Arbeitsentgelt erhalten" habe. Somit steht ihm eine Versorgungsberechnung auf der Basis seines Gehaltes zu, welches das Vierfache des DDR-Durchschnitts betragen hatte. Nun kann sich der Kläger über eine Nachzahlung von rund 25.000 Euro und eine Erhöhung seiner Rente um 100 Euro im Monat freuen. Das Urteil steht im Zusammenhang mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 2004. Das Gericht hatte die bis dahin geltende Berechnung von Sonderansprüchen für DDR-Funktionäre als verfassungswidrig bezeichnet und eine Änderung verlangt. Diese Regelung sah eine Kürzung aller derartigen Ansprüche der DDR-Elite vor, sobald sie nicht durch besondere fachliche Qualifikation erklärbar waren.

Auch Mitglieder der SED können hoffen

Die am 12. Mai dieses Jahres vom Bundestag beschlossene Gesetzesänderung schränkt dagegen die gesetzlichen Möglichkeiten für solche Kürzungen erheblich ein: Danach dürfen die sogenannten "Entgeltbegrenzungen", die eine Reduzierung von aufgebauten Versorgungsansprüchen bedeuten, nur noch auf Personen angewandt werden, die "insbesondere solche Funktionen im Parteiapparat der SED, in der Regierung oder im Staatsapparat" hatten, in welchen "eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sowie dem Amt für Nationale Sicherheit" bestand, sowie auf "Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des sogenannten Kadernomenklatursystems der DDR" angewandt werden. Weiterhin mit gekürzten Versorgungsansprüchen müssen unter anderem auch "Mitglieder, Kandidaten oder Staatsekretäre im Politbüro" oder "Generalsekretär, Sekretär oder Abteilungsleiter des Zentralkomitees der SED" sowie andere Funktionäre rechnen.

Mit der ursprünglichen Forderung, auch "ehemalige stimmberechtigte Mitglieder des Staats- und Ministerrates der DDR" in die Regelung einzubeziehen, konnte sich die Union nicht durchsetzen. Auf dieser Grundlage - und dem jetzt ergangenen Urteil - ist allein in Berlin mit mehreren Tausenden erfolgreichen Verfahren sowie mit hohen Nachzahlungen für DDR-Funktionäre zu rechnen. Hoffnungen können sich insbesondere hauptamtliche Mitglieder der SED und der damaligen Blockparteien, der paramilitärischen Gesellschaft für Sport und Technik (GST) und der Einheitsgewerkschaft Freier Deutscher Gewerkschaftsbund (FDGB) machen.


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