© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/05 21. Oktober 2005

Posten statt Ideen
von Thorsten Thaler

Die einen wollen uns weismachen, für sie komme das Land vor der Partei, die anderen behaupten, sie wollten dem Land dienen. Beides klingt gut und ist gleichermaßen verlogen. Denn in Wahrheit interessieren sich die wahrscheinlich künftigen Koalitionäre CDU/CSU und SPD vor allem für die Sicherung ihrer Pfründen, wie das zügige Verteilen von Ministerposten wieder einmal bewiesen hat.

Noch vor Beginn der Koalitionsgespräche am Montag dieser Woche hatten beide Seiten fleißig Ämter vergeben und einer staunenden Öffentlichkeit ihre Kabinettsmitglieder präsentiert. Inhaltliche Festlegungen? Politische Schwerpunkte? Kursbestimmung? Fehlanzeige, überall nur Leerstellen. Was für ein erbärmliches Schauspiel!

Und erst das Personal: Während die Sozialdemokraten mit dem Ex-Pop-Beauftragten Sigmar Gabriel einen Mann als Umweltminister vorschlagen, der von dieser Materie vermutlich soviel versteht wie ein Rheumadeckenverkäufer von der Festkörperphysik, will die Unionsseite ihren ausgewiesenen Sozialpolitiker Horst Seehofer (CSU) im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz plazieren.

Der unzweifelhaft größte Mißgriff aber ist Ex-CDU-Chef Wolfgang Schäuble als designierter Innenminister. Tief in den Spendensumpf der Kohl-Ära verstrickt und einer der Hauptverantwortlichen für die staatliche Hehlerei im Zusammenhang mit den Enteignungen zwischen 1945 bis 1949, kehrt ausgerechnet der zurückgetretene Schäuble nun wieder in die erste Reihe der Politik zurück. Das ist nicht nur ärgerlich, das ist ein handfester Skandal!


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