© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/05 21. Oktober 2005

Zeitschriftenkritik: Ära
Schluß mit den Klischees
Werner Olles

Das vierteljährlich erscheinende Magazin für Geschichte Ära widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel "Brüder in Blau und Grau" dem amerikanischen Bürgerkrieg. In seinem Editorial schreibt Chefredakteur Elmar Heinz, daß es an der Zeit sei, sich von den Klischees und Trugbildern von Scarlett O'Hara über "Onkel Toms Hütte" bis zu jener Feldlagerromantik, die die Technisierung dieses Krieges und seine Brutalität ausblende, zu trennen. Immerhin war der amerikanische Bürgerkrieg der erste "technische" Krieg, gleichzeitig wurde er zum Gründungsmythos der bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch nicht kriegsbereiten Vereinigten Staaten hochstilisiert. Was diesen Krieg auslöste, wie er verlief und wie lange es dauerte, die von ihm verursachten Wunden zu heilen, wie Deutsche am Krieg beteiligt waren und welche Bedeutung die neue Militärtechnik erhielt, damit beschäftigen sich die Beiträge der Zeitschrift.

Zur Teilung führte vor allem die Sklavenfrage, aber auch die vom Süden belächelten Wirtschaftskrisen des Nordens, dessen kapitalistische Gesellschaft sich jedoch gerade mit und wegen dieser Krisen weiterentwickelte. Die Sklaverei wurde schließlich zum Scheidungsgrund, allerdings war der Keim für den Bürgerkrieg bereits mit Ende des Revolutionskrieges 1784 gelegt, als die Widersprüche der durch den gemeinsamen Unabhängigkeitskampf gegen England zusammengehaltenen Bündnisstaaten auf der konstituierenden Versammlung im State House in Philadelphia 1787 unter den Teppich gekehrt wurden. Im Laufe der folgenden Jahre brachen die Konflikte jedoch offen auf. Die weltanschaulichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Unterschiede zwischen den religiös geprägten Farmern und Geschäftsleuten des Nordens und den Großgrundbesitzern und Plantagenaristokraten des Südens, die ihr festgefügtes, in der europäischen Tradition wurzelndes Klassendenken in Form eines abgehobenen Lebensstils kultivierten, führten 1860 zum Austritt South Carolinas aus der Union.

Wenige Monate später folgten Mississippi, Alabama, Georgia, Florida, Louisiana, Texas, Virginia, Arkansas, North Carolina und Tennessee. Als "Konföderierte Staaten von Amerika" verabschiedeten sie eine eigene Verfassung und ernannten den ehemaligen US-Kriegsminister Jefferson Davies aus Mississippi zum Präsidenten. Das bis dahin lediglich "geteilte Haus", das Abraham Lincoln 1858 beschwor, war damit endgültig zusammengebrochen. Da der Süden die Union nie als Dogma gesehen hatte, konnte man sich hier kaum vorstellen, daß der Norden für deren Erhalt in den Krieg ziehen würde. Vier Jahre später hatten über 600.000 Männer aus beiden Landesteilen ihr Leben geopfert. Der Bürgerkrieg wurde zum Trauma für mehrere Generationen Amerikaner und zu einem prägenden Schlüsselereignis der amerikanischen Geschichte. Darüber hinaus erlangte er auch eine weltgeschichtliche Dimension. Ablauf und Resultat beeinflußten nicht nur die internationale Militärgeschichte, sondern formten die USA zur beherrschenden Macht auf dem amerikanischen Kontinent und zur kommenden Weltmacht.

DWJ Verlag. Rudolf-Diesel-Str. 46, 74572 Blaufelden. Der Einzelpreis beträgt 5,95 Euro. Internet: www.aera-geschichte.de


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