© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/05 21. Oktober 2005

Frisch gepresst

Professor aus München. Seit 2003 geistert Hans-Werner Sinns Warnung vor einer "Basar-Ökonomie" durch die deutschen Medien. Der Chef des Münchner ifo-Instituts karikiert so die Tendenz, daß deutsche Firmen lohnintensive Teile billig im Ausland produzieren lassen und deshalb in vielen Exportgütern "Made in Germany" ein immer höherer Anteil fremder Vorleistungen steckt. Daß das ein Grund für die steigenden Arbeitslosenzahlen ist, wissen selbst Verdi-Funktionäre. Doch daß der Waren-Exportweltmeister schon eine "Basar-Ökonomie" ist, behaupten lediglich zeitgeistige Journalisten und Talkshow-Politiker. Diese sollten besonders das Kapitel intensiver lesen, in dem Sinn seine oft fehlinterpretierte provokante These erläutert (Die Basar-Ökonomie - Deutschland: Exportweltmeister oder Schlußlicht? Econ Verlag, Berlin 2005, 180 Seiten, gebunden, 14,95 Euro).

 

Der Ruck. 1997 forderte der damalige Bundespräsident Roman Herzog, daß ein Ruck durch Deutschland gehen müsse. Acht Jahre sind seither vergangen, bewegt hat sich augenscheinlich wenig, so daß Herzog nunmehr - mittlerweile Vorsitzender des Konvents für Deutschland - seine Überlegungen hierzu noch einmal in Druckform nachreicht. Daß Deutschland Reformen bitter nötig hat, wird heute von niemandem mehr bestritten, doch an dem Punkt der Reforminhalte und der Frage, wer und in welchem Umfang ihre Folgen tragen soll, scheiden sich die Geister. So beschränkt sich denn Herzog in seinen jetzigen Ausführungen auf die Frage, wie Deutschland wieder reformfähig werden kann. Und wiederum hat man den Eindruck, daß man auch mit diesen theoretischen Ansätzen - so richtig sie auch sein mögen - allein wegen deren Unverbindlichkeit weiter auf "den Ruck" wird warten müssen (Wie der Ruck gelingt. Deutsche Verlagsanstalt, München 2005, 152 Seiten, gebunden, 14,90 Euro).

 

Volkswagen. Er hat Industriegeschichte geschrieben. Kein Wunder, gehört er doch zu jener Unternehmergeneration, die ihre politische und ethische Verantwortung noch gelebt hat. Keine Skandale. Loyalität und Idealismus statt blanken Materialismus'. Ob als junger und erfolgreicher Verkaufschef von "Volkswagen of America", als visionärer Vorstand der Volkswagen AG oder als Retter des Reifenherstellers Continental: Carl Hahn kann nach Ablauf eines halben Jahrhunderts zu Recht auf die wertvollen Früchte seiner Arbeit zurückblicken und mit seiner Biographie die in Verruf geratene Vorstandsebene samt ihrem luxusverliebten Betriebsrat an die Tugenden deutscher Unternehmenskultur erinnern (Carl H. Hahn - Meine Jahre mit Volkswagen. Signum Verlag, München 2005, 317 Seiten, gebunden, 24 Euro).


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