© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/05 11. November 2005

Lager-Indizien
von Alexander Griesbach

Die Regierung von George W. Bush ist dieser Tage wahrlich nicht zu beneiden, wird sie doch gleich von einer ganzen Reihe von Affären durchgerüttelt, die den amtierenden US-Präsidenten immer älter aussehen lassen. Über die laufende, für Bush äußerst gefährliche Affäre um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame hat sich jetzt die Diskussion über ein angebliches geheimes Lagersystem des US-Geheimdienstes CIA geschoben. Die Washington Post veröffentlichte letzte Woche einen Bericht, nach dem vermeintliche Terrorverdächtige außerhalb jedweden Rechtssystems in Geheimgefängnissen gefangen gehalten werden sollen.

Bisher gab es Gerüchte, daß es derartige black sites, wie sie die US-Amerikaner nennen, in Afghanistan, Ägypten oder Marokko geben könnte. Jetzt ist erstmals auch von "osteuropäischen Demokratien" als Standorte derartiger Gefängnisse die Rede, darunter der EU-Mitgliedsstaat Polen und EU-Beitrittskandidat Rumänien. Die bisher erbrachten Indizien lassen die Vermutung durchaus gerechtfertigt erscheinen, daß derartige Gefangenenlager tatsächlich existieren.

Es sei nur an Ramsi Binalshib erinnert, eine der angeblichen Hauptfiguren der Terroranschläge vom 11. September 2001, der seit seiner Festnahme "verschwunden" ist. Es gibt manchen Hinweis darauf, daß er von den USA irgendwo auf der Welt festgehalten wird. Solange die Vereinigten Staaten in derartigen Fragen nicht kooperieren, müssen sie sich gefallen lassen, daß ihr Verhalten in dieser Frage mit dem einer Diktatur verglichen wird.


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen