© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/05 18. November 2005

Kampf für das Recht, einen Vater und eine Mutter zu haben
Spanien: Verfassungsgericht hat Beschwerde gegen Gesetz zur "Homo-Ehe" angenommen / Offensive für die Verteidigung der Familie
Jean-Marie Dumont

Seit Frühjahr 2004 regieren wieder die Sozialisten (PSOE) in Spanien. Seither hat sich einiges in dem katholischen EU-Land verändert. Unter Premier José Luis Rodríguez Zapatero wurde mit dem Abzug aus dem Irak nicht nur in der Außenpolitik eine Kehrtwende vollzogen (JF 20/04). Auch innenpolitisch gab es einige Veränderungen, etwa die Regelungen zum Religionsunterricht oder zum Familienrecht (JF 51/04).

Auf besonderen Widerstand stößt das neue Gesetz 13/2005. Es soll das Zivilgesetzbuch reformieren und so die "Homo-Ehe" ermöglichen und solchen "Ehepaaren" gleichzeitig auch die Adoption von Kindern erlauben. Am 30. September hatte daher die größte Oppositionspartei, die konservative Volkspartei (PP), beim Verfassungsgericht (Tribunal Constitucional) Beschwerde gegen das Gesetz eingelegt. Der Text zerstöre die "Grundinstitution der Ehe" und sei verfassungswidrig. Das Verfassungsgericht hat die Beschwerde, die von über 50 Abgeordneten unterschrieben wurde, inzwischen angenommen. Es will in den nächsten Monaten entscheiden.

Gegen das Gesetz hat sich auch kirchlicher und außerparlamentarischer Widerstand organisiert. Am 18. Juni hatten mehr als eine Million Menschen in Madrid dagegen demonstriert. Diese Gegenbewegung wurde vom Foro español de la familia (FEF) initiiert, einem Bündnis zahlreicher Familienverbände ( www.forofamilia.org ) . FEF-Vizepräsident Benigno Blanco erläutert im folgenden sein Engagement.

Herr Blanco, warum machen Sie gegen die Eherechtsreform mobil?

Blanco: Das neue Gesetz der Regierung vom 1. Juli 2005 modifiziert zwei Grundartikel (Paragraph 44 und 172) des Zivilgesetzbuches über die Eheschließung und die Adoption von Kindern. Das ganze Rechtssystem der Eheschließung beruht auf der Definition und dem Schutz der Ehe als eine soziale Institution. Dies drückt sich aus in der Verbindung von einem Mann mit einer Frau. Die Ehe gleichberechtigt mit anderen Formen des Zusammenlebens - zum Beispiel dem Zusammenleben von Personen gleichen Geschlechtes - zu behandeln, ist ein Unrecht für die große Mehrheit der Spanier, die ganz normal eine Ehe schließen wollen. Was ist denn die Ehe noch wert, wenn alle Verbindungsformen "Eheschließung" sind? Der Begriff Ehe verliert seine Bedeutung. Außerdem greift dieses Gesetz in ein Grundrecht der Kinder ein, nämlich das Recht, einen Vater und eine Mutter zu haben. Das neue Gesetz verteidigt das Interesse der Erwachsenen, anstatt das Interesse des Schwächeren zu schützen. Kinder zu haben, ist kein Recht - das erkennen alle Gesetze der Welt an. Kinder zu haben, ist eine Verantwortung.

Ist das Gesetz Ihrer Ansicht nach verfassungswidrig?

Blanco: Ja! Das haben auch die größten spanischen Rechtsorgane wie etwa der Staatsrat betont. Die Ehe betrifft einen Mann und eine Frau. Alle Rechte und Artikel der spanischen Verfassung sind so verfaßt: "Alle haben das Recht auf ...". Der Artikel über die Eheschließung ist der einzige, der auf die Unterscheidung des Geschlechtes abstellt. Er ist so verfaßt: "Der Mann und die Frau haben darauf Recht, eine Ehe zu schließen". Die Autoren der Verfassung hatten keine andere Form von Eheschließung im Sinn als diejenige, die bislang existiert. Es existieren viele Möglichkeiten, um neue Situationen mit Gesetzen zu regeln, ohne dabei traditionelle Formen zu vereinnahmen. Doch die Regierung hat dieses verfassungswidrige und ungerechte Gesetz verabschieden lassen, ohne dabei die Meinung von Experten und den Protest aus der Bevölkerung zu berücksichtigen.

Welche Chancen bietet die Annahme der Beschwerde durch das Verfassungsgericht?

Blanco: Dieses Ereignis ist ein Anlaß, der Regierung zu zeigen, daß es eine echte Opposition gegen ihre Politik gibt. Es kann dazu führen, daß ein illegales Gesetz, das niemals hätte verabschiedet werden dürfen, aufgehoben wird. Von allen Möglichkeiten, die Lebensgemeinschaften von Personen gleichen Geschlechtes zu legalisieren, hat die Regierung die ungerechteste für die Familien und die chaotischste in bezug auf die Rechtsinstitutionen gewählt.

Was erwarten Sie für die Zukunft?

Blanco: Wir hoffen, daß das Verfassungsgericht das Gesetz für verfassungswidrig erklärt. Dies würde dazu beitragen, weitere Pläne gegen die Institution der Familie zu verhindern. Alle Paare gleichen Geschlechtes, die eine "Ehe" nach dem neuen Gesetz geschlossen haben, werden sich dann zwar in einer rechtlichen Grauzone befinden. Sie müssen sich dann an die Regeln halten, die bislang galten. Die Zahl dieser "Ehen" liegt bei nicht mal hundert Fällen. Für diese hundert hat man ein ganzes Rechtssystem verändert und so die Rechte von neun Millionen anderen mißachtet. Das zeigt, daß das soziale Engagement zugunsten von Familien noch immer nicht ausreichend ist.

 

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