© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 47/05 18. November 2005

Falsche Gesinnung
Amtsenthebung: Gérard Menuhin, Sohn des weltberühmten Geigers, ist Opfer der politischen Korrektheit geworden
Richard Stoltz

Die Freiheit hierzulande wird immer freier. Wegen seiner "Gesinnung" und wegen seiner "Nähe zu rechtsextremen Medien" hat jetzt die Düsseldorfer Yehudi-Menuhin-Stiftung ihren Vorsitzenden, den Gründersohn Gérard Menuhin (57), Knall auf Fall gefeuert, unter frecher Mißachtung des Vereinsrechts. Welche Äußerungen Menuhins Anstoß erregt haben, wird nicht mitgeteilt, es interessiert überhaupt nicht, die "Nähe" und die darin sich spiegelnde "Gesinnung" genügen.

Yehudi Menuhin, der 1999 in Berlin verstorbene weltberühmte Jahrhundertgeiger und Menschenfreund, hatte seine Stiftung, die sich vorrangig der Förderung künstlerischen Nachwuchses in Krisengebieten widmet, seinerzeit ausdrücklich in Deutschland positioniert und dafür gesorgt, daß sein Sohn Gérard Stiftungsvorsitzender wurde. Menuhin junior, Eton-Zögling und Stanford-Absolvent, ist ein charmanter, äußerst gelassener Mäzen und Manager, der stets sehr bedachtsam formuliert, auch wenn er sich in der rechten National-Zeitung des Münchner Verlegers und Chefs der Deutschen Volksunion (DVU), Gerhard Frey, oder in der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme äußert. Sein Rausschmiß ist ein Riesenskandal.

Wahrscheinlich soll damit der Öffentlichkeit schon mal demonstriert werden, daß es künftig unter der Großen Koalition in Sachen "Political Correctness" keine Wendung zur Vernunft geben wird, daß sich die einschlägigen "Maßnahmen" im Gegenteil verschärfen werden. Der einst von Gerhard Schröder ausgerufene "Aufstand der Anständigen gegen Rechts" kriegt nur ein neues Gesicht.

Der in London lebende Gérard Menuhin hat auf den Düsseldorfer Eklat bisher ganz gentlemanlike reagiert, mit angewidertem Achselzucken. Aber man sollte es nicht dabei bewenden lassen. Der Fall sollte juristisch sorgfältig geklärt werden, und es sollte markiert werden, daß die Düsseldorfer frontal gegen die Gründerabsichten Yehudi Menuhins verstoßen haben. Man darf sich nicht mehr alles gefallen lassen.


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