© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 48/05 25. November 2005

Scharons Abgang
von Martin van Creveld

Ariel Scharons Austritt aus dem Likud kennzeichnet die schärfste Kehrtwendung, seit 1977 Menachem Begin das Amt des Premierministers von Yitzhak Rabin übernahm. Er offenbart, daß das bestehende Parteiensystem die wichtigsten Politikinhalte nicht mehr repräsentiert und daß es von Grund auf neu erreichtet werden muß.

Zwar ist Scharons Bestreben, eine neue Partei der Mitte zu etablieren, durchaus verständlich, aber bislang war solchen Versuchen in Israel noch nie Erfolg beschert. Dies gelang nicht einmal David Ben Gurion, immerhin Gründer des Staates Israel, noch dem legendären General Mosche Dajan. Alle haben sie sich damit lediglich selbst marginalisiert. Scharon wird es nicht anders ergehen, um so mehr, weil er mit Schinui, einer weiteren Partei der Mitte, konkurrieren muß.

Sollte es Scharon aber doch gelingen, die Wahl zu gewinnen, wird er nicht genug Einfluß haben, um die Rechts-Opposition zu überwinden und den Rückzug aus dem Gaza-Streifen zu bewerkstelligen. Und die weitere Besetzung des Westjordanlands wird einen palästinensischen Aufstand nach dem anderen zur Folge haben. In Verbindung mit der immer deutlicher werdenden Niederlage der USA im Irak ist der Ausblick für den Nahen Osten trübe. Der einzige Trost für die Region ist, daß die Situation im Grunde schon immer so war. - Nur, wie Galileo Galilei über die Erde sagte, "sie bewegt sich doch".

 

Prof. Dr. Martin van Creveld ist Militärhistoriker und lehrt an der Hebräischen Universität von Jerusalem.


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