© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/05 02. Dezember 2005

Kirchliche Obhut
Antifa: Staatsanwaltschaft ermittelt nach JF-Hinweis
Matthias Bäkermann

Angekündigt hatten die Organisatoren des "Duisburger Netzwerkes gegen Rechts" 2.500 Demonstranten, die gegen den "Naziaufmarsch" am vergangenen Wochenende protestieren wollten (JF 48/05). Schließlich fanden sich nach Angaben der Polizei doch nur knapp 300 Personen ein, um gegen die Versammlung eines rechten "Aktionsbüros Westdeutschland" aufzubegehren.

Natürlich hatte man im linken Internetforum indymedia auch gleich den Schuldigen ausgemacht, der im Duisburger Stadtteil Neudorf den "lautstarken Protest gegen Rassismus und Neofaschismus" zu verhindern wußte. So hatte nämlich die Polizei das "skandalöse Verbot der antifaschistischen Kundgebung" am Ludgeriplatz in unmittelbarer Nähe zur Demonstrationsroute erwirkt, da "erhebliche Ausschreitungen mit Gefahren für Leib, Leben und Sachgüter die Folge wären", wie Polizeipräsident Rolf Cebin begründen ließ. "Von Verbot kann überhaupt keine Rede sein", bestreitet Polizeisprecher Reinhard Pape gegenüber der JF diese Vorwürfe. Man habe die bereits im November beantragte Versammlung der Antifa genehmigt, allerdings nur am weiter entfernten Dellplatz, wo man keine Zusammenstöße der linken und rechten Extremisten befürchtete.

Doch mit dem alternativen Versammlungsort gab sich das "Netzwerk gegen Rechts" nicht zufrieden. Darüber hinaus weise man "die Behauptung entschieden zurück, es würde in jedem Falle zu Ausschreitungen kommen". Tatsächlich ist von den dann trotzdem zum verbotenen Versammlungsplatz am Ludgeriplatz vorgedrungenen fünfzig Antifa-Kämpfern immerhin jeder Fünfte festgenommen worden, hauptsächlich wegen Gewalttätigkeiten wie Bewerfen des rechten Demonstrationszuges oder Schlägereien. Auch von den dreihundert Freunden des "Aktionsbüros Westdeutschland" wurden vier Personen festgenommen, einer davon "wegen eines Hitlergrußes".

Die Mobilisierung der Neudorfer Einwohner blieb entgegen anderslautenden Ankündigungen des "Netzwerkes gegen Rechts" weitgehend aus. Vielleicht hatte auch das aufhetzende Plakat der ominösen "Roten Fraktion Neudorf" mit der Losung ihres sowjetischen Apologeten Ilja Ehrenburg "Ein Tag, an dem du keinen Deutschen getötet hast, ist ein verlorener Tag" seinen Anteil daran, daß man sich dort nicht gemein mit der Antifa machen wollte. Die Hinweise dieser Zeitung in der vergangenen Woche führten dazu, daß die Staatsanwaltschaft wegen des Straftatbestand laut Paragraph 111 (Öffentliches Auffordern zu Straftaten) gegen Unbekannt ermittelt. Auch einige Plakate konnten bis Samstag sichergestellt werden.

Für die etwa zweihundert übriggebliebenen "AntifaschistInnen", die fernab des Geschehens dem Wintereinbruch trotzen mußten, ging der Tag dennoch gut aus. Die evangelische Gemeinde Neudorf-West lud in ihre Räume ein, um dort mit der "Aktion Offene Kirchentür" in wohliger Wärme allen "Gegnerinnen und Gegner rassistischen Gedankenguts" die Möglichkeit zu "Diskussion und Austausch" zu bieten.


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