© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/05 02. Dezember 2005

UMWELT
Deutsche Bauern ohne Chance
Harald Ströhlein

Das Ergebnis der Verhandlungen zur EU-Zuckermarktreform war abzusehen: Letzte Woche einigten sich die Agrarminister auf eine Erzeugerpreissenkung für Zuckerrüben bis 2010 um 36 Prozent. Gleichzeitig soll den alleine in Deutschland noch existierenden 48.000 Rübenbauern der von oben diktierte Einkommensausfall mit einen rund 64prozentigen Ausgleich auf das letzte Einkommen "versüßt" werden. Doch das Ergebnis, das der neue Agrarminister Horst Seehofer als "Erfolg" verkauft, ist ein Pyrrhussieg. Denn der für die nächsten Jahre errungene Einkommensausgleich ist die eine Seite der Medaille. Die andere sind schizophrene Marktverschiebungen, die abzusehen sind.

So wird die Produktion von derzeit etwa 20 Millionen Tonnen Zucker in der EU auf nur noch zwölf Millionen Tonnen gedrosselt - um den EU-Eigenbedarf von rund 16 Millionen Tonnen Zucker mit Einfuhren aus Drittländern zu decken. Gegen diese Billigimporte haben vor allem die deutschen Bauern mit den hohen Kostenstrukturen, Sozialstandards und Umweltauflagen keine Überlebenschance. Till Backhaus (SPD), Agrarminister von Mecklenburg-Vorpommern, spricht schon von "Anbauverschiebungen" und "Produktionsumstellungen" unter Deutschlands Zuckerrübenbauern. Daß die ab Mai 2006 geltende EU-Zuckermarktreform nun zügig verabschiedet wurde, kommt nicht von ungefähr: Mitte Dezember nehmen die WTO-Ministergespräche im Rahmen der Doha-Runde in Hongkong ihren Fortgang, wobei der bislang protegierte EU-Zuckermarkt ein Dorn in den Augen derer war, die den ungehemmten weltweiten Warenverkehr wollen. Und diesen Dorn galt es schnell noch zu entfernen.


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