© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/05 09. Dezember 2005

Ausstieg als Einstieg
Kampf gegen Rechts: Das Neonazi-Aussteiger-Programm "Exit" wird fünf Jahre alt / Trotz freundlichster Berichterstattung droht staatliches Förderungsende
Holger Wartz

Gegenseitiges Schulterklopfen, besorgte Blicke und beherzte Durchhalteappelle gab es zu einem ganz besonderen Geburtstag: Die private Initiative "Exit" feierte ihr fünfjähriges Bestehen in Berlin. Exit - das steht für "Ausweg" beziehungsweise "Ausstieg". Gemeint ist der Ausstieg aus der "rechten Szene". Immerhin hätte man, so die Verantwortlichen, in den vergangenen fünf Jahren 225 Menschen "beim Ausstieg aus rechtsextremistischen Gruppen" geholfen, so die stolz vorgetragene Erfolgsbilanz.

"Exit" gehört zu einem engmaschigen Netzwerk aus meist zum Großteil öffentlich finanzierten Initiativen und Vereinen, die sich dem "Kampf gegen Rechts" verschrieben haben. Vor allem, als Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) den "Aufstand der Anständigen" ausrief, schossen diese oftmals zweifelhaften Gruppierungen wie Pilze aus dem Boden und erfreuten sich staatlicher Alimentierung. So auch im Falle von "Exit".

"Exit" hat mächtige Verbündete und Finanziers. Da wären beispielsweise die Amadeu-Antonio-Stiftung, deren Schirmherr Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ist, sowie das Hamburger Magazin Stern. In einer Art linkem joint venture sorgen beide für die Arbeitsfähigkeit der linksextremistischen Antifa. Die "Antifaschistische Hochschulgruppe Jena" wurde beispielsweise für ihre Hetzkampagne gegen den konservativen Professor Günter Zehm von der Amadeu-Antonio-Stiftung und dem Stern mit Finanzmitteln ausgestattet, wie dem Förderbericht der Stiftung zu entnehmen ist. Die Amadeu-Antonio-Stiftung selbst erhält wiederum Gelder aus den Töpfen des Bundesfamilienministeriums. Ein weiterer Förderer der Arbeit von "Exit" ist die linke Freudenberg-Stiftung, die nach eigenen Angaben jährlich insgesamt 1,75 Millionen Euro an Fördergeldern vergibt.

Arbeitsbeschaffung für ehemalige DDR-Privilegierte

Beim Blick auf das Personal von "Exit" sowie der Amadeu-Antonio-Stiftung beschleicht einem vor allem der Eindruck, es handle sich hier selbst um ein Aussteigerprojekt von ehemaligen DDR-Privilegierten. Auf der Internetseite von "Exit" heißt es lediglich verschämt, daß "Ex-Kriminaloberrat" Bernd Wagner einer der Initiatoren von "Exit" sei. Wagner, der auch gerne als "Rechtsextremismusexperte" oder einfach nur als "Kriminologe" bezeichnet wird, war bereits zu DDR-Zeiten als Oberstleutnant der Volkspolizei mit der Beobachtung des offiziell dort gar nicht vorhandenen Rechtsextremismus betraut. In dieser Funktion plädierte er bei den zuständigen DDR-Staatsorganen für eine verstärkte Wachsamkeit und die Bekämpfung des aufkeimenden Rechtsradikalismus - genau wie heute. Außerdem leitet heute Wagner das ebenfalls mit der Amadeu-Antonio-Stiftung eng verzahnte "Zentrum Demokratische Kultur" in Berlin.

Seine engste Mitstreiterin und Chefin der Amadeu-Antonio-Stiftung, Annetta Kahane, blickt auf einen ähnlichen biographischen Hintergrund. Ihr war das Amt der Berliner Ausländerbeauftragten nicht vergönnt, da man ihr eine Betätigung für die DDR-Staatssicherheit nachweisen konnte. Sie habe damals allerdings - natürlich - niemandem geschadet, sagt Kahane heute. Ihre Rolle im SED-Staat spielt sie herunter, heute engagiert sie sich in der "Demokratieerziehung" und warnt vor der "allmählichen Gewöhnung" an Rechtsextremismus, wie sie selbst sagt.

Auch bei der Party zum fünfjährigen Bestehen von "Exit" fragte niemand nach den Hintergründen dieser zweifelhaften Initiative. Statt dessen gab es Spendenaufrufe und eine außergewöhnlich breite Medienberichterstattung mit Krokodilstränen ob des drohenden Auslaufens der Förderzeit im Jahr 2006. Ob diese Sorge berechtigt ist, wird sich bald zeigen. Bislang jedenfalls wurden die wenigsten der linken Programme und Initiativen von ihren rot-grünen Unterstützern im Stich gelassen.


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