© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/05 16. Dezember 2005

WIRTSCHAFT
EU-befreite Fernsehwerbung
Bernd-Thomas Ramb

Die EU plant mit der Novellierung ihrer Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" eine Erleichterung der Fernsehwerbung. Bislang wird den auf Werbeeinnahmen angewiesenen privaten TV-Sendern streng vorgeschrieben, wie viele Werbeunterbrechungen von welcher Dauer in die Sendungen eingeschoben werden dürfen. Weiterhin ist Werbung nur in Blöcken von mehreren Botschaften zulässig. Einzelwerbeunterbrechungen sind bislang verboten. Künftig soll all dies erlaubt sein, solange die Werbeunterbrechungen auf zwölf Minuten pro Stunde beschränkt sind. Zudem können künftig auch Sportveranstaltungen durch Werbebotschaften unterbrochen werden. Der Clou der Richtlinienänderung ist die explizite Genehmigung des product placement, zu deutsch der Schleichwerbung.

Die EU hält den Fernsehkonsumenten für intelligent genug, daß er diese also solche erkennt und mündig verarbeitet. Eine gewagte Einbildung, denn bekanntermaßen übersteigt es die Intelligenz vieler Zuschauer, so manche schwachsinnige Serie oder Unterhaltungsschau als solche zu erkennen. Andererseits würden aber auch keine Werbeschutzmaßnahmen helfen, einen nicht geringen Kreis von Fernsehzuschauern zur Erkenntnis zu bringen, daß sie durchaus blöde Konsumentscheidungen treffen können, auch wenn ihnen Werbebotschaften attestieren, sie wären es nicht. Die Freigabe der Schleichwerbung werden über kurz oder lang auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wie selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen. Leider ist dagegen kaum zu erwarten, daß sie sich mit der gleichen Selbstverständlichkeit dann auch von dem Terror der Zwangsgebühren verabschieden. Das freilich wäre die nötigste Reform der EU-Richtlinie.


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