© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/05 16. Dezember 2005

Meldungen

Meinungsfreiheit I : Pamuk zuversichtlich

ISTANBUL. Wenige Tage vor Beginn seines Prozesses in Istanbul hat sich der türkische Erfolgsschriftsteller Orhan Pamuk (JF 43/05) zuversichtlich über seine Chancen vor Gericht geäußert. "Ich glaube, sie werden mich am Ende nicht ins Gefängnis werfen", schrieb der 53jährige in einem am Montag dieser Woche veröffentlichten Beitrag für die türkische Tageszeitung Radikal. Pamuk muß sich ab diesem Freitag vor einem Istanbuler Gericht wegen "Beleidigung des Türkentums" verantworten. Die Staatsanwaltschaft will den Friedenspreisträger bis zu drei Jahre ins Gefängnis bringen, weil er zu Beginn des Jahres in einem Schweizer Magazin gesagt hatte, in der Türkei seien 30.000 Kurden und eine Million Armenier getötet worden. Die Europäische Union betrachtet das Verfahren als Testfall für die Meinungsfreiheit im EU-Bewerberland Türkei.

 

Meinungsfreiheit II: Neues Strafverfahren

ISTANBUL. Der türkisch-armenische Journalist Hrant Dink muß sich wegen kritischer Äußerungen erneut vor Gericht verantworten. Wie die in Istanbul erscheinende Tageszeitung Agos am Freitag vergangener Woche bestätigte, sei eine neue Strafanzeige der Staatsanwaltschaft gegen Dink eingegangen. Bereits im Oktober wurde der Journalist in einem anderen Verfahren wegen "Verunglimpfung des Türkentums" zu sechs Monaten Haft verurteilt; Dink hat gegen das Urteil Einspruch vor dem Obersten Berufungsgericht in Ankara eingelegt. Nach Presseberichten bezieht sich die neue Strafanzeige auf ein Zeitungsinterview, in dem Dink von einem Völkermord an den Armeniern gesprochen hatte. Die Türkei weist den Vorwurf zurück, daß es im Ersten Weltkrieg einen gezielten Völkermord an den anatolischen Armeniern gegeben hat.


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