© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/05 16. Dezember 2005

CD: Pop
Flinke Finger
Holger Stürenburg

Zwei "Best of"-Sammlungen der britischen Rockband Dire Straits sind im Laufe der Zeit bereits auf den Markt gekommen. Zum einen im Herbst 1988 das Album "Money for Nothing", das drei Jahre nach Veröffentlichung des Bestsellers "Brothers in Arms" das bis dato Geschaffte komprimiert dokumentierte und zudem offenließ, ob die Band um Gitarrist Mark Knopfler jemals wieder zusammenkommen oder die 1987 beschlossene Trennung endgültig sein würde. Zehn Jahre später - die Dire Straits waren nach einer kurzen, musikalisch alles andere als aufregenden Wiedervereinigung 1991/92 längst Geschichte - erschien die CD "Sultans of Swing - The very Best of Dire Straits" pünktlich zum Weihnachtsgeschäft 1998.

Nun steht erneut eine Doppel-CD-Kompilation der Dire Straits ins Haus: "Private Investigations - The Best of Dire Straits & Mark Knopfler" (Mercury/Universal) unterscheidet sich von ihren beiden Vorgängern allerdings immens. So wurden für zweite CD erstmals auch die Kabinettstückchen aus Knopflers Solokarriere ausgewählt. So unscheinbar, skandalfrei und zurückhaltend der gebürtige Glasgower leben mag, so außergewöhnlich ist seine Technik des "Fingerpicking" an der Gitarre. Damit verabreichte er sowohl seinen Gemeinschaftsarbeiten mit den Dire Straits als auch seinen Soloexkursionen eine unverkennbare Note. Von diesem Spezifikum können sich Hörer von "Private Investigations" 138 Minuten lang in bester Klangqualität ein Bild machen.

Von der Ende 1982 erschienenen LP "Love over Gold" finden sich auf vorliegender Sammlung neben dem mehr gesprochenen denn gesungenen, nahezu sechsminütigen Schleicher "Private Investigations" die ebenso ausschweifende Pianoballade "Love over Gold" und die gut 14 Minuten von "Telegraph Road", einem schwerverdaulichen und zugleich elektrisierenden Klangwerk mit seinen oft abruptenTempi- und Stimmungswechseln. Kürzere, bei breiteren Publikumsschichten beliebte Nummern sind auf der Doppel-CD natürlich auch zu hören, so zum Beispiel fünf dem Meilenstein "Brothers in Arms" (1985) entnommene Klassiker, darunter die betont schlicht gehaltenen Ohrwürmer "Walk of Life" und "Money for Nothing". Inzwischen zu Evergreens erwachsene Frühwerke - der legendäre Einstiegshit der Band, "Sultans of Swing" (1978), das balladeske "Romeo & Juliet" oder der perlende Rocker "Tunnel of Love" (beide 1980) - vervollständigen den ersten Silberling des vorliegenden Doppelalbums.

Zwei Songs aus dem Comebackversuch "On every Street" (1991) - die nervöse Radiosingle "Calling Elvis" und der leicht jazzige Titelsong - eröffnen die zweite CD. Aus Mark Knopflers Solozeit stammen "Darling Pretty" (1996), "Sailing to Philadelphia" und "What it is" (beide 2000), "Why Aye Man" (2002). Der Elan vergangener Tage, die kompositorische Raffinesse fehlen Knopflers solistischen Arbeiten allerdings gänzlich. Der 56jährige wirkt heutzutage wie ein zwar durchaus engagierter, aber doch verbitterter, eigenbrötlerischer Singer/Songwriter, dessen Zeit an der Spitze des internationalen Rockgeschäfts ein für allemal vorbei ist - einer unter vielen. Knopflers vorläufig letzte - im Herbst 2004 veröffentlichte - CD "Shangri-La" (hier mit den folkigen Balladen "The Trawlerman's Song" und "Boom, like that" vertreten) verbreitete nur noch gepflegte Langweile.

Das Schlußstück auf "Private Investigations" verfestigt diesen Eindruck: Das zusammen mit US-Countrylady Emmylou Harris eingesungene Hillbilly-Schmankerl "All the Roadrunning", Appetitmacher auf ein für 2006 geplantes Gemeinschaftswerk der beiden, läßt Knopfler scheinbar teilnahmslos phrasieren wie ein Leonard Cohen für Arme ...


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