© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/06 06. Januar 2006

Der RCDS meldet sich ab
Hamburg I: Akademischer Nachwuchs der Union verpaßt Teilnahme an Studentenwahlen
Peter Müller

Ende Dezember flatterten jedem Hamburger Studenten die Unterlagen für die Wahlen des Studierendenparlaments der Universität Hamburg ins Haus. Beim Durchblättern konnte man etwas Ungewöhnliches feststellen. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), eine feste Größe in der universitären Parteienlandschaft in Deutschland, fehlt in der Aufzählung der zur Wahl stehenden Listen. Wie konnte das passieren?

Eine Aufforderung per E-Post an den akademischen Nachwuchs der Union, sich für die bevorstehenden Wahlen zu melden, wurde offenbar übersehen. Die gesetzte Frist verstrich, ohne daß der RCDS die erforderlichen Schritte unternahm, sich für die Wahl aufstellen zu lassen. In der noch laufenden Legislaturperiode ist der RCDS mit zwei Mandaten in dem 35 Parlamentarier starken Studierendenparlament vertreten, und auch für den kommenden Wahlkampf standen bereits Kandidaten und ein Programm bereit.

Der Nichtantritt des RCDS ist allerdings nicht nur für die Organisation eine Katastrophe. Wenn man sich die Wahllisten anschaut, vermißt man jegliche Interessenvertretung des konservativen Lagers. Innerhalb der zur Wahl stehenden Gruppierungen hat den Posten des "Rechtsaußen" nun die LHG, eine FDP-nahe Vereinigung, übernommen. Dabei wäre eine politisch breite Vertretung der Studenten gerade in den kommenden Jahren wichtig. Die Uni-Wahl 2006/2007 ist nicht irgendeine Wahl: In den nächsten Jahren wird es tiefgreifende Veränderungen der universitären Landschaft gehen. So wird man sich im Studierendenparlament und im Allgemeinen Studentenausschuß (AStA) überlegen müssen, wie man angemessen mit Studiengebühren umgehen will.

Kampf ums politische Überleben

Während die Masse der zur Wahl stehenden Gruppen immer noch versucht, mit provokanten Störaktionen die allem Anschein nach unvermeidbaren Studiengebühren zu verhindern, hätte der RCDS eine Alternative für diejenigen Studenten in Hamburg sein können, die sich mit den Studiengebühren arrangiert haben und nun versuchen wollen, das Beste für ihre Alma mater herauszuholen.

Doch nichts dergleichen wird passieren. Die Verfaßte Studierendenschaft wird bei dem kommenden Urnengang nur die Wahl zwischen Links und Linksaußen haben. Während ein weiterer linker AStA die Gebühren der Studenten, in Hamburg immerhin rund 600.000 Euro im Jahr, in seinem Sinne ausgibt, wird der RCDS in der Hansestadt um sein politische Überleben kämpfen und sich im nächsten Jahr auf "außerparlamentarische" Oppositionsarbeit beschränken müssen.

Während der akademische Unionsnachwuchs in Hamburg dabei ist, an einer der größten deutschen Universitäten für die nächsten Jahre endgültig in der politischen Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, sind die Konsequenzen, die im RCDS-Vorstand gezogen wurden, überschaubar. Obwohl die Chancen für einen erneuten Einzug ins Studentenparlament in leichtfertiger Art und Weise verspielt worden sind, teilte die Unigruppenvorsitzende Mai-Britt Ecke mit, sie halte es nicht für nötig, eine Mitgliederversammlung des RCDS einzuberufen, da es jetzt ohnehin zu spät sei.

Damit mag die christdemokratische Nachwuchspolitikerin im Hinblick auf die verpaßte Wahl recht haben - mit dieser Einstellung wird allerdings auch für die Zukunft kaum erfolgreiche Arbeit auf dem Gebiet der konservativen Hochschulpolitik zu erwarten sein.


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