© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/06 06. Januar 2006

Zeitschriftenkritik: Universitas
Die Zukunft liegt im Süden
Werner Olles

Die im 60. Jahrgang monatlich erscheinende Zeitschrift Universitas mit dem Untertitel "Orientierung in der Wissenswelt" befaßt sich in ihrer jüngsten Ausgabe mit dem Schwerpunktthema "Renaissance der Religion". Seit Zukunfts- und Trendforscher einen erhöhten Bedarf an Sinn, Identität und heilsstiftenden Gewohnheiten melden, stehe man hier möglicherweise vor einer Zäsur, schreibt beispielsweise Franz Walter, der seinen Beitrag "Comeback des Christentums?" jedoch mit einem unübersehbaren Fragezeichen versieht. Tatsächlich habe die "Optionsgesellschaft" erkennbar zu "Erschöpfungen, zu Rat- und Orientierungslosigkeit" geführt, und zudem verfüge man kaum mehr über die Sicherheit eines stabilen Wertefundaments, das den allermeisten Individuen seit dem Verlust von Weltanschauungen und Glaubensüberzeugungen abhanden gekommen sei. So ist die bevorstehende Renaissance einer neuen Suchbewegung nach Alternativen zur Automatisierung, Individualisierung und Entzauberung der Welt in der Tat nicht auszuschließen.

Wohin diese Suche sich entwickelt, ist aber relativ offen. Zwar wiege der "über zwei Jahrtausende akkumulierte Reichtum an Ritenprofessionalität des Christentums" letztendlich schwerer als Schamanenkult und Okkultismus, doch profitiere hiervon eher der Katholizismus als "robuste, global organisierte, erfahrungsreiche Institution", während der "liturgisch, spirituell und kultisch eher spröde Protestantismus" auf diese "enorme Mobilisierungs-, Organisations- und auch Ordnungskraft" derzeit noch nicht zurückgreifen könne.

Mit einem ganz anderen Thema setzt sich Michael Opielka in seinem Beitrag "Die Welt und Gott. Intelligentes Design in religionssoziologischer Sicht" auseinander. Vor allem in den USA ist der alte Konflikt zwischen Kreationisten und Evolutionisten aktuell wieder aufgebrochen. Im Grunde gehe es bei diesem Dauerstreit um "grundlegende Deutungsprobleme einer säkularen Moderne" schreibt der Autor, während der Spiegel auch in Deutschland bereits einen "Kulturkampf" im Gange sieht, der die "Grundwerte der bürgerlichen Demokratie in Frage stellt". Ganz so dramatisch ist es nun gewiß nicht, dennoch geht es um nichts weniger als um die Verschränkungen des Religiösen mit dem Kulturellen und die Frage nach ontologischen und metaphysischen Letztbegründungen. Vielleicht hilft ja das Konzept des "Intelligent Design" den Dialog zwischen Naturwissenschaft und Religion neu zu ordnen.

Otto Kallscheuer sieht in seinem Beitrag "Kreuz des Südens" die Gläubigen sich auf der Südhalbkugel versammeln. So sei die Zukunft des Christentums lateinamerikanisch, afrikanisch und asiatisch. Hier stehe der Welt in den nächsten Jahrzehnten ein gewaltiger Schub der Ausbreitung der christlichen Religion bevor, dicht gefolgt vom Islam, der zweiten monotheistischen Weltreligion mit missionarischem Anspruch. Nach den Vereinigten Staaten werden Brasilien, Mexiko, die Philippinen, Nigeria, der Kongo und Äthiopien die Länder mit der größten christlichen Bevölkerungen sein.

Anschrift: S.Hirzel Verlag. Birkenwaldstr. 44, 70191 Stuttgart. Das Einzelheft kostet 9 Euro, das Jahresabo 98,40 Euro. Internet: www.hirzel.de/universitas


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