© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/06 13. Januar 2006

UMWELT
Agrarlobby auf dem Vormarsch
Volker Kempf

Die 2001 versprochene Agrarwende ist gescheitert und damit auch Renate Künasts Moralisierung des Verbraucherschutzes und ihre grüne Arroganz, wonach der gute Mensch teure Öko-Produkte kauft. So geht das nicht, erklärte dann auch Foodwatch-Chef Thilo Bode im Spiegel. Denn "die meisten Menschen kaufen eben konventionell und haben auch im Discounter ein Anrecht auf Mindeststandards". Was tun, Herr Bode? Die Kosten der konventionellen Landwirtschaft für die Umwelt müßten in den Preisen zum Ausdruck kommen, durch Nitrat- und Pestizidsteuern etwa. Will Horst Seehofer es besser machen? Ihm gehe es "um eine bessere Koexistenz", verriet er der Berliner Zeitung. Das heißt, für ihn sind "konventionell wirtschaftende Bauern genauso wichtig wie Öko-Bauern". Naturkostverbände schreckten auf und teilten mit, daß die Bio-Landwirtschaft gar nicht bevorzugt werde.

Stimmt, nur rächt sich hier Künasts Moralismus. Allerdings kommt der CSU-Vize selbst in Teufels Küche, wenn er sagt: "Ich will Anwalt der Verbraucher und der Bauern sein." Denn "man kann nicht die Interessen von Verbrauchern und Agrarlobby gleichzeitig vertreten", so Bode. Obwohl laut Umfragen zwei Drittel der Bevölkerung gegen den Einsatz von Gen-Mais ist, obwohl dieser den Pflanzengifteinsatz erhöht und damit die Umwelt schädigt, will Seehofer den Anbau erleichtern. Damit verstärkt Seehofer den Eindruck, den Bode schon gewonnen hatte, daß nämlich das betreffende Ministerium "eine reine Lobby-Einrichtung von Agrarwirtschaft und Lebensmittelindustrie ist". Künast hatte mit ihrer Agrarwende wenig Erfolg, so daß man einiges besser machen könnte. Aber wie zu erwarten leider nicht mit der Union.


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