© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/06 13. Januar 2006

Meldungen

Hedonismus statt Vereinbarkeitsprobleme

WIESBADEN. Ob Demographen den Deutschen noch Neues mitteilen können, wird mit jeder Ausgabe der Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft unwahrscheinlicher. Das Sonderheft 3-4/05 über die Ergebnisse einer Studie zur Akzeptanz von Bevölkerungspolitik bestätigt diese Befürchtung. Zukunftssorgen und Kostengründe stehen dem Kinderwunsch häufig entgegen. Das feministische Lieblingsargument, die "Vereinbarkeitsprobleme", die sich aus dem Nebeneinander von Beruf und Mutterschaft ergeben könnten, spielen dagegen eine geringe Rolle. Daß "Lebensgenuß" und "Freizeitinteressen" in der Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren für die Hälfte der Befragten höher rangieren als Vater- oder Mutterschaft, erstaunt im Rahmen der bundesdeutschen Ich-Gesellschaft wohl kaum. In einer schon ulkig wirkenden Korrespondenz dazu steht die Aussage, daß der fehlende Partner gegen den Kinderwunsch spreche. Daraus zu schließen, daß Spaßsucht vereinsamt, scheint aber wohl voreilig. Daß sich ein gewisses Verlassenheitsgefühl aber bald gesamtgesellschaftlich einstellen könnte, dafür spricht die Erhebung, daß die durchschnittliche Zahl der gewünschten Kinder "inzwischen sehr niedrig ist".

 

Harmonisierung sozialer Rechte in weiter Ferne

BERLIN. Immer mehr Sozialwissenschaftler verbreiten die These, daß bei den sozialen Rechten EU-weit ein Angleichungsprozeß stattfinde. Ideologen der "postnationalen Gesellschaft" begrüßen dies gar als wichtiges Indiz für die "Transnationalisierung": In absehbarer Zukunft werde die nationale Staatsbürgerschaft ihre Bedeutung für die Gewährung von Rechten endgültig verlieren. Die Berliner Soziologin Katrin Mohr hat hingegen in Deutschland und Großbritannien eine gegenläufige Tendenz ausgemacht (Zeitschrift für Soziologie, 5/05). Von einer sozialen Angleichung könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Arbeitslosenquote ethnischer Minderheiten in Großbritannien bei zwölf, hier bei zwanzig Prozent liegt. Der Einkommensabstand türkischer Arbeitnehmer zur deutschen Bevölkerung liege bei 19 Prozent. Noch brutaler falle ein Vergleich der Bildungssituation aus: Nur jeder zweite ausländische Schüler erreiche einen Abschluß. Selbst formal gleiche Rechte heben die ethnisch bedingte soziale Benachteiligung nicht auf. Soweit sich der Migrantenstatus aber nicht staatsbürgerlich verfestigt habe, könne die sozioökonomische Marginalisierung sogar dazu führen, daß die prekäre Position von Einwanderern innerhalb des Wohlfahrtsstaates ihren Aufenthalt gefährde - die Realisierung dieser Gefahr kann Mohr jedoch bislang nirgendwo nachweisen.

 

Neues Jagdrecht aus ökologischer Steinzeit

KIEL. Mit keiner Entscheidung hat die schwarz-rote Koalition bisher mehr Emotionen ausgelöst als mit der angekündigten Änderung der Jagdzeiten. Die Rücknahme der rot-grünen Landesjagdzeitenverordnung von 2002 löst bei den Grünröcken zwar helle Freude aus, stößt aber bei den Naturschützern auf erbitterte Kritik. Die LandesjagdVO von 2002, so argumentiert der Naturschutz Schleswig-Holstein (Naturschutz heute, 4/2005), sei mit seinen langen Schonzeiten, in deren Genuß auch erstmals der Fuchs kam, ein Ausdruck ökologischer Vernunft gewesen und gehörte zu den "fortschrittlichsten Landesjagdzeitenbestimmungen der Bundesrepublik". Das nun vom CDU-Umweltminister von Boetticher ins Feld geführte Hauptmotiv für eine großzügigere "Bestandsregulation mit der Flinte" etwa auf Rabenvögel oder Füchse ist die "Abwehr von Schäden an der Tier- und Pflanzenwelt". Mit wissenschaftlichen Einsichten, so die Naturschützer, stünde eine solche Praxis kaum in Einklang. Erhebungen über die Populationsdichte dieses "Raubzeugs" hätten ergäben, daß diese Arten keine nennenswerten Schäden anrichten. "Liebe Nation" genesen


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