© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/06 27. Januar 2006

Ein liberaler Keynes
Wilhelm Röpkes Werk
Felix Menzel

Sein Name fällt bei der amerikanischen Rechten inzwischen häufiger als in hiesigen konservativen Kreisen. Die erste Biographie über Wilhelm Röpkes Leben und Werk stammte 2001 aus der Feder eines US-Journalisten, John Zmirak ("Wilhelm Röpke: Swiss Localist, Global Economist"). Er rühmte den konservativ-ordoliberalen Ökonomen und Sozialphilosophen als "man for the twentyfirst century", als wegweisenden Kämpfer wider den Zeitgeist. Röpkes Vision einer "Civitas humana", so ein Erfolgstitel aus dem Jahr 1944, sein Eintreten für eine freie, offene Marktwirtschaft, für bürgerliche Selbstverantwortung, gegen politische Zentralisierung und gegen das Wuchern des Wohlfahrtsstaates genießen bei der US-Rechten hohes Ansehen.

Nun liegt vom Rostocker Politikwissenschaftler Hans Jörg Hennecke eine Biographie vor, die Zmiraks Arbeit an analytischer Tiefe und kritischer Einfühlung deutlich übertrifft. Gestützt auf umfangreiches Archivmaterial skizziert Hennecke das bewegte Leben Röpkes: Zum jüngsten Professoren des Reiches berufen, vertrat dieser in der Wirtschaftskrise Anfang der dreißiger Jahre, vor Keynes, die Idee einer staatlichen "Initialzündung" zur Wiederbelebung der Konjunktur. Allerdings wußte Röpke um die inflationistischen Gefahren einer permanenten keynesianistischen "Vollbeschäftigungspolitik" mittels durch wachsende staatliche Defizite finanzierter Ausgabenprogramme. Sensibilisiert durch die bitteren Erfahrungen mit offener wie mit zurückgestauter Inflation gehörte Röpke zu den unermüdlichen Warnern vor einer verantwortungslosen Geld- und Fiskalpolitik.

Nach dem Krieg konnte Röpke, der aufgrund seiner Kritik an den NS-Machthabern 1933 ins Exil hatte gehen müssen, von Genf aus publizistisch Einfluß auf den Kurs der jungen Bundesrepublik nehmen. Als Verfechter einer mittelständischen Marktwirtschaft beriet er Erhard, als Vordenker der außenpolitischen Westbindung fand er bei Adenauer Gehör. Seine späteren Bücher wie "Maß und Mitte" oder "Jenseits von Angebot und Nachfrage" offenbarten zunehmend konservative Züge in Röpkes Wirtschafts- und Gesellschaftsanalysen.

Hans Jörg Hennecke: Wilhelm Röpke. Ein Leben in der Brandung. Verlag Schäffer-Pöschel, Stuttgart 2005, 294 Seiten, gebunden, Abbildungen, 49,95 Euro


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