© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/06 03. Februar 2006

Nachhutgefechte
NPD-Austritte: Fragen nach Rolle des Verfassungsschutzes
Matthias Müller

Ein Jahr nach dem Eklat um die sogenannte "Bombenholocaust-Rede" (JF 5/05) sorgt die NPD im Sächsischen Landtag erneut für Aufsehen. Die Partei hatte aufgrund der bislang ungeklärten Rolle des sächsischen Verfassungsschutzes bei den Austritten der ehemaligen NPD-Abgeordneten Mirco Schmidt, Klaus Baier und Jürgen Schön in der vergangenen Woche eine Debatte im Landtag beantragt. Dabei war der sächsische Verfassungsschutz in den vergangenen Wochen nicht nur von der NPD, sondern vor allem von der Linkspartei kritisiert worden. So sagte der Geschäftsführer der Linksfraktion, André Hahn, Mitte Januar, es sei nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, möglicherweise die Mehrheitsbildung im Parlament zu beeinflussen.

Einen Tag vor der Plenardebatte beschäftigte sich auch die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtags (PKK) mit dem Thema. Das Gremium, in dem auch die beiden PDS-Abgeordneten André Hahn und Klaus Bartl vertreten sind, kam nach seiner geheimen Sitzung mit Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) zu dem Ergebnis, daß der Verfassungsschutz "nicht auf Weisung der Regierung beim Austritt von drei NPD-Abgeordneten aus ihrer Fraktion aktiv geworden" sei. Weiterhin erklärte die fünfköpfige Kommission einstimmig, daß "keiner der drei Aussteiger jemals als V-Mann für den Verfassungsschutz gearbeitet" habe.

An der anberaumten Landtagsdebatte beteiligte sich keine der anderen Fraktion. Lediglich Innenminister Buttolo verteidigte das Vorgehen des Verfassungsschutzes und sagte, daß die drei ehemaligen NPD-Abgeordneten erst nach ihrer Entscheidung zum Ausstieg mit dem Landesverfassungsschutz in Kontakt getreten seien.

Scharf fielen anschließend die Redebeiträge der NPD-Abgeordneten aus. So wollte der Fraktionsvorsitzende Holger Apfel den Erklärungen der PKK und der Staatsregierung keinen Glauben schenken. "Bevor ich an die Ehrlichkeit oder so etwas wie den Charakter der Staatsregierung glauben würde - da glaube ich eher noch an die Unschuld einer Hure." Jürgen Gansel (NPD) bezeichnete die drei Aussteiger als "politische Geisterfahrer" und verglich die Methoden des Verfassungsschutzes mit denen der Stasi. Gansel, einer der ideologischen Köpfe der Fraktion, schloß seine Rede mit einem äußerst provokanten Ausspruch: "Auf diesen bundesdeutschen Stasi-Staat, der keine Demokratie, sondern deren Karikatur ist, spucke ich." Dafür fing er sich zwei Ordnungsrufe des Landtagspräsidenten ein.


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