© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/06 17. Februar 2006

Frisch gepresst

Deutsch-polnischer Dialog. Wer ermessen will, wie oberflächlich der in vielen Sonntagsreden herbeigeredete deutsch-polnische Dialog wirklich ist, muß die "Streitschrift" des Stettiner Historikers Jan Piskorski über die "Vertreibung und deutsch-polnische Geschichte" (Fibre Verlag, Osnabrück 2005, 180 Seiten, broschiert, 14,80 Euro) studieren. Dabei stören weniger die lückenhaften oder sogar falschen Betrachtungen. So läßt Piskorski die deutsch-polnische Geschichte praktischerweise mit Hitlers Angriff 1939 beginnen. Statt einer peinlich entlarvenden Auseinandersetzung mit dem zuvor verbreiteten "Westgedanken" der polnischen Intelligenz läßt sich nämlich viel plausibler die berechtigte Umsiedlung nach 1945 erklären. Auch die etwas merkwürdige Ausblendung der Verantwortung gegenüber den eigenen jüdischen Staatsbürgern im Herbst 1938 in Deutschland, denen Warschau kurzerhand ihre Pässe entzog, die Schilderung der Politik "örtlicher Gauleiter" und reihenweise ähnliche Lapsi würden weder fachlich noch in der Aussage den Markus Meckels und Gesine Schwans hierzulande irgendwie aufstoßen. Im Gegensatz zu diesen spricht Piskorski - auf keine heranschmeißende polonophile Diktion wie "Zwangsmigration" angewiesen - sogar offen von "Vertreibung" und hat Verständnis "für das Interesse" der "aus dem alten Ostdeutschland" stammenden Heimwehtouristen. Selbst den Gedanken eines Zentrums gegen Vertreibungen will Piskorski nachvollziehen. Und just dieses zaghafte Verständnis setzt ihn bei seinen polnischen Kollegen und den Falken im Sejm einem Bannstrahl aus. Spätestens daran erschließt sich, wie asymmetrisch sich der schwierige "Dialog" über die Oder tatsächlich gestaltet und welche historischen Lasten noch einer ehrlichen Aufarbeitung harren.

Bombenräumung. Noch heute erinnern immer wieder höllische Funde in deutschen Großstädten an den Bombenkrieg vor mehr als sechzig Jahren. Kaum einer kennt die Männer, die Städte und Bürger von ihrer Satanslast befreien, indem sie unter Lebensgefahr die Blindgänger entschärfen. Wolfgang Thamm, langjähriger Feuerwerker und publizistischer Doyen seiner Zunft, erinnert an den vergessenen Helden Egon August Agtha, der noch während des Krieges in Berlin für die Räumung der tödlichen Last verantwortlich war und im Mai 1945 fiel (Egon August Agtha. Pro-literatur Verlag, Ammendorf 2005, 65 Seiten, broschiert, Abbildungen, 22 Euro).


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