© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/06 24. Februar 2006

Frisch gepresst

Lehrer. Was bedeutet es, wenn ein eher unter "Spaßliteratur" verlegtes Buch plötzlich zum Verkaufsschlager wird? Hat die Masse Freude am Spaß, oder steckt hinter der in der "Hasser-Reihe" des Knaur-Verlags (Bahnhasserbuch, Posthasserbuch) präsentierten Polemik gegen einen ganzen Berufsstand doch mehr Wahrheit, als das Format ursprünglich erwarten läßt? Nimmt man die hysterische Reaktion vieler Lehrervertreter zum Maßstab, muß man fast davon ausgehen, daß Lotte Kühn oder Gerlinde Unverzagt - der Überblick, was Name oder Pseudonym ist, ging im medialen Zirkus schon lange verloren - den Nagelkopf mehr als gestreift hat. Ihre Anklage gegen Lehrer, die statt Leistung der Schüler zu fördern und zu fordern, hauptsächlich damit beschäftigt sind, zu "kuscheln und zu wuscheln" (Spiegel-Online am 14. Februar), findet schließlich nicht selten Bestätigung von Eltern, die über das vor die Hunde gehende Bildungssystem stöhnen, dem ihre Kinder ausgesetzt sind. Da wird im Zeichen der "spielerischen Welterkundung" in der Grundschule die Norm derart herabgesetzt, daß jeder Fehler plötzlich als "Lernchance" bejubelt wird - Hauptsache, das Kind erlebt keine "Blockade". Die dadurch hervorgerufenen Defizite deutscher Schüler, zu denen "in Problemkiezen" noch multiethnische Kultur- und Sprachprobleme addiert werden müssen, lassen für die Zukunft Schlimmes befürchten (Das Lehrerhasserbuch. Eine Mutter rechnet ab. Knaur Taschenbuch Verlag, München 2005, 220 Seiten, 6,95 Euro).

Lehren lernen. Die Publizistin Christa Meves ist in ihrer Analyse zwar weniger polemisch, aber kaum weniger drastisch als die Autorin des Lehrerhasserbuch. Zudem drischt Meves nicht auf den Lehrern herum, sondern hat als Schuldige die Bildungspolitiker mit ihren Idealen ausgemacht - die "über den 'Marsch durch die Institutionen' tief ins Schulgefüge eingedrungene Gleichheitsideologie." Bei ihren Lösungsvorschlägen läßt sie kaum einen Sektor der Bildung von der Grundschule bis zur Universität aus, der nicht einem grundsätzlichen Wandel oder einer Revision ausgesetzt zu werden verdient. Sogar die heute selbstverständliche "Koedukationsschule" - das gemeinsame Lernen von Jungen und Mädchen - unterzieht Meves einer kritischen Prüfung (Dem Lernen einen Sinn geben. Nachdenken über eine bessere Lern- und Erziehungskultur. Stolz Verlag, Düren 2005, 90 Seiten, broschiert, 7,50 Euro).


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