© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/06 03. März 2006

Meldungen

Bundeswehr und Tradition I. Das Bild der Bundeswehr besteht auch aus den vielen Berichten, Anekdoten und Erlebnissen, die ehemalige Soldaten als Multiplikatoren in das zivile Leben weitertragen. Aus diesen unzähligen Puzzleteilen sind natürlich jene besonders aussagekräftig und erhellend, die von langgedienten, bestenfalls hochgestellten Offizieren stammen. Genau diese Voraussetzung erfüllt Generalleutnant a.D. Franz Uhle-Wettler. 1956 trat er in die Bundeswehr als Fahnenjunker ein, wurde Kompaniechef, später Kommandeur einer Panzerdivision und zuletzt Kommandeur des Nato Defense College in Rom. Seine Rückschau auf ein ganzes Militärleben verschwimmt allerdings nicht im milden Licht der Verklärung, sondern stützt sich auf die Authentizität seines Schriftverkehrs aus vier Jahrzehnten. Nicht nur das Klagen, daß "es im ganzen (Panzer)-Bataillon kein Fett mehr zum Abschmieren gibt", auch viele Skurrilitäten der Zeit-geistreiterei in der Truppe erschließen auf anregende Weise ein Porträt einer Armee im stetigen Wandel - bei weitem nicht immer zum Besten, wie der konservative Offizier Uhle-Wettler mehrfach andeutet (Rührt Euch! Weg, Leistung und Krise der Bundeswehr. Ares Verlag, Graz 2006, 216 Seiten, gebunden, Abbildungen, 19,90 Euro).

Bundeswehr und Tradition II. Die Wehrmacht stand fest in einer deutschen Armeetradition mit starkem Preußenbezug. Die Bundeswehr hatte seit ihrer Gründung das Problem, dieseTraditionslinie glaubhaft weiterzuverfolgen, wenn man die Zeit zwischen 1935 und 1945 auszusparen versucht. So schüttet man heute praktischerweise "das Kind mit dem Bade aus" und entledigt sich gleich aller Traditionsstränge - bei den Männern des 20. Juli oder der Armee vor 1918 genügt im Zweifel das Prädikat "vordemokratisch" zur Legitimation. Joachim Kannicht, langjähriger Journalist und selbst noch Offizier in Rommels Afrikakorps, zieht in seiner Darstellung des langen Kampfes zwischen "Reformern" und "Konservativen", in dem seit dem Traditionserlaß von 1982, spätestens aber seit dem Bildersturm unter Verteidigungsminister Rühe erstere als absolute Sieger hervorgegangen zu sein scheinen, eine bittere Bilanz und führt Klage gegen eine von Ideologie durchdrungene Traditionsvergessenheit (Ideologie gegen Wehrmachtstradition. Wohin treibt die Bundeswehr? Grabert Verlag, Tübingen 2005, 341 Seiten, broschiert, Abbildungen, 16,80 Euro).


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