© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/06 10. März 2006

Die janusköpfigen Genossen
Linkspartei: Streit um Kuba-Resolution legt Bruchlinie frei / Widerstand der WASG gegen Parteifusion / Erstmals seit SED-Zeiten Mitgliederzuwachs
Josef Hämmerling

Der Januskopf hat bekanntlich zwei Gesichter: ein schönes und ein häßliches. Und präsentierten Linkspartei und Oskar Lafontaine der Öffentlichkeit bislang immer nur ihr lächelndes Antlitz, haben sie die Maske jetzt fallengelassen und gezeigt, was sich dahinter wirklich verbirgt: das Gesicht der alten SED und das eines verbitterten alten Mannes.

Ironischerweise ist die Demaskierung der Linkspartei einem ihrer Europaabgeordneten zu verdanken: André Brie. Er stimmte mit zwei anderen Abgeordneten der Linkspartei (Gabi Zimmer und Helmuth Markov) einer Resolution des Europaparlaments zu, in der Kuba wegen seiner Menschenrechtsverletzungen kritisiert wird.

Dies führte umgehend zu einer Verurteilung der drei Parlamentarier durch den Parteivorstand, der erklärte, diese Resolution "entspricht nicht der Position der Linkspartei". Weiter heißt es in der Erklärung, die kubanische Revolution strahle bis heute. "Die Mitglieder des Parteivorstandes bekräftigen: Die Linkspar-tei.PDS ist und bleibt ein verläßlicher Freund und Partner Kubas."

Der Parteivorstand unterstützte mit dieser Erklärung, in der nicht mit einem Wort auf die ständigen Menschenrechtsverstöße Kubas eingegangen wird, einen von der Kommunistischen Plattform innerhalb der Linkspartei veröffentlichten Offenen Brief, in dem es unter anderem heißt: "Dem sozialistischen Kuba gehört unsere Solidarität. Solidarität verbietet Kritik nicht. Sehr wohl aber schließt sie aus, sich dem scheinheiligen Gezeter derer anzuschließen, die Kuba wieder der Kapitalherrschaft unterwerfen möchten. Nichts anderes wollen die USA und deren Bündnispartner. Seit beinahe fünfzig Jahren widersteht das Land dem gewaltigen brutalen Druck des weltweit mächtigsten imperialistischen Staates. Nicht zuletzt deshalb verkörpert Kuba für ungezählte Menschen in aller Welt Hoffnung."

Zu den mittlerweile mehr als 1.200 Unterzeichnern dieses Offenen Briefes gehört bezeichnenderweise auch der frühere SED-Generalsekretär Egon Krenz. Noch aufschlußreicher ist aber, daß selbst die sogenannten Reformer innerhalb der Linkspartei, Bodo Ramelow, Katja Kipping, Dagmar Enkelmann und Dietmar Bartsch, die sich gern rühmen, das SED-Erbe überwunden zu haben, der Resolution des Parteivorstands zustimmten, die voll auf der einstigen Linie der SED während DDR-Zeiten liegt.

Bedeutsam wird diese Erklärung auch deswegen, weil die Linkspartei 2005 das erste Mal seit der Umbenennung der SED einen - wenn auch nur leichten- Mitgliederzuwachs von 61.385 auf 61.489 Personen zu verzeichnen hatte. Insgesamt traten im vergangenen Jahr gut 3.500 Personen der PDS bei, von denen 30 Prozent jünger als 30 Jahre sind. Alle westlichen Landesverbände verzeichneten ebenfalls Mitgliederzuwächse, wobei Nordrhein-Westfalen mit 575 Mitgliedern derzeit den Spitzenplatz hält.

Ein unfreundliches Gesicht hat auch der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag, Oskar Lafontaine, gezeigt. Bei einem Landtagswahlauftritt im rheinland-pfälzischen Schöneberg-Kübelberg für die WASG (Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit) hat der frühere SPD-Bundesvorsitzende die im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Linkspartei nach einem Bericht der Leipziger Volkszeitung als "Schweinebande" bezeichnet. Viele Bürger hätten "zu Recht den Eindruck", daß "die ganze Bande im Bundestag, die da sitzt", alle in einen Sack gesteckt und geprügelt gehörten, weil der Richtige schon dabei sein werde. Es handele sich "um Plapperfritzen", die da im Bundestag in Berlin säßen, sagte der 62jährige.

Doch als dies nun alles publik wurde, fühlte sich Lafontaine - natürlich - völlig mißverstanden. Er habe nicht den Bundestag gemeint, sondern den Begriff "Schweinebande" alleine auf Unternehmen bezogen, die große Gewinner verbuchten und dennoch Personal abbauten. Der bei der Veranstaltung anwesende Pressefotograf Werner Schmitt bestätigte gegenüber Spiegel online aber die Berichte.

Ein seltsames Demokratieverständnis zeigt Lafontaine auch anläßlich der Kritik der WASG-Landesverbände Berlin und Mecklenburg-Vorpommern zur geplanten Fusion mit der Linkspartei. "Die Linke läßt sich auch durch ein paar hundert Mitglieder nicht aufhalten", sagte Lafontaine jetzt in Mannheim. Dabei drohte er Abtrünnigen unverhohlen mit einem Parteiausschluß. Hintergrund dieser massiven Worte ist der Beginn der Urabstimmung der rund zwölftausend WASG-Mitglieder über die Fusion mit der Linkspartei.

Foto: Wahlkämpfer Oskar Lafontaine in Kassel (2005): Der Fraktionschef der Linkspartei droht abtrünnigen Parteifreunden mit dem Ausschluß


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