© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/06 10. März 2006

Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf
In Morpheus' Armen: Eine Ausstellung in Düsseldorf zeigt Fotos von prominenten Schlafbrillenträgern
Richard Stoltz

Im Düsseldorfer NRW-Forum steigt jetzt eine tolle Foto-Ausstellung: "Freddy Langner zeigt Promis mit Schlafbrillen". Harald Schmidt ist zu sehen, Wim Wenders und viele andere, darunter auch bereits verstorbene Kult-Größen wie Joseph Beuys, Andy Warhol und Audrey Hepburn. Sie alle waren oder sind bekennende Schlafbrillenträger. Langner hat sie in allen möglichen Posen aufgenommen, schlafend oder nichtschlafend, doch immer mit Schlafbrille.

Die Brillen sind ein wahrer (Alp-)Traum. Es gibt sie in allen möglichen Formen, Farben und Größen, in Tulpen-, Nelken- oder Gänseblümchen-Stil, samt- oder seidengefüttert, im Inneren extra mit Kühlaggreggaten ausgestattet und, wie versichert wird, mit vielen delikaten Duftnoten, Lavendel, Rosenwasser, auch Schweinshaxen mit Semmelknödel.

Über den Sinn der Brillen herrschen sehr geteilte Meinungen. Ihr Effekt ist gewiß nicht zu vergleichen mit Ohrstöpseln oder Schnarchhemmern, sie sind auch weniger für den nächtlichen Dauerschlaf gedacht als vielmehr für das kleine Schläfchen zwischendurch, wo man etwa in irgendeiner Hotelbar im Sessel hängt und die Vorhänge mal kurz herunterlassen will. Jedenfalls sind sie große Mode bei allen Kreativbolzen, die ihnen eine inspirierende Kraft zusprechen. Den Seinen gibt's der Herr bekanntlich im Schlaf.

Wahrhaft genial der Einfall einer sibirischen Firma, die sich um die Einsatzkraft russischer Reformpolitiker Sorgen macht. Für diese Verantwortungsträger wurde eigens eine Schlafbrille konstruiert, die laut Prospekt "übermüdeten Parlamentariern ermöglichen soll, sich bei Marathonsitzungen ungestraft ein kleines Nickerchen zu erlauben".

Die Pointe besteht darin, daß die getönten Gläser, von außen betrachtet, weit geöffnete Augen vortäuschen, die den Gang der Ereignisse gespannt verfolgen - während der Träger der Brille längst geschlossenen Auges in Morpheus' Armen liegt. Sehr schlau! Man kann damit freilich auch wirklich wichtige Dinge verschlafen.


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