© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/06 17. März 2006

Seligkeit
Mozart-Werke: "Das Veilchen" und andere Lieder
Wiebke Dethlefs

Innerhalb Mozarts Gesamtschaffen führt die Gattung Lied ein Schattendasein. Etwa 30 Lieder liegen von ihm vor, überwiegend entstanden sie in den Jahren 1785 und 1787. Nur wenige wurden zu seinen Lebzeiten publiziert, manche achtete er so gering, daß er seine Autorschaft an einen Freund abtrat. Einige immerhin genießen eine unerwartete Popularität.

Am bekanntesten ist "Das Veilchen", nach Worten Goethes, komponiert im Juni 1785 (KV 476). Bei der Wahl der Textvorlage wußte Mozart allerdings nicht, daß es sich um ein Werk Goethes handelt - vermutlich wäre es ihm, der literarisch nicht ambitioniert war, auch gleichgültig gewesen. Mozart gestaltete Goethes Idyll, das hoch über aller herkömmlichen Schäferpoesie steht, zu einer dramatischen Ballade um, innerhalb der die Musik sich durch illustrativen Reichtum auszeichnet. "Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte" (KV 520) ist die Klage einer Verlassenen, bei der dem Klavier besondere malende Funktion beigegeben ist. Man meint die Flammen im Kamin lodern zu hören.

Die drei letzten Lieder Mozarts sind Kinderlieder und entstanden im Januar 1791. Die "Sehnsucht nach dem Frühling" (KV 596) beginnt mit den allbekannten Worten "Komm, lieber Mai und mache" und ist in seiner emporfliegenden Dreiklangsseligkeit zum Volkslied geworden. Mozart zitiert das Thema im Schlußsatz des gleichzeitig entstandenen B-Dur-Klavierkonzerts (Nr. 27, KV 595). "Der Frühling" (KV 597) kann Mozart erfolgreich den hymnischen Text eines Christian Christoph Sturm musikalisch dem kindlichen Gemüt anpassen, das letzte Lied "Das Kinderspiel" (KV 598) läßt in seiner anmutigen Dreiachtelmelodie wie in einem Aquarell ein Genrebild der Rokokozeit entstehen.


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