© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/06 31. März 2006

Bestätigung für den "Königsmörder"
Landtagswahl II: SPD-Spitzenkandidatin Ute Vogt ohne soliden Rückhalt an der Parteibasis / Republikaner verpassen Wiedereinzug in den Landtag deutlich
Andreas Strittmatter

Langweiliger könne eine Wahl nicht sein, diagnostizierte bereits am Tag vor der Abstimmung der eidgenössische Tagesanzeiger die Lage in Baden-Württemberg. Und so sahen das offenkundig auch die Wähler im deutschen Südwesten und blieben fast "halbwegs" zu Hause: Gerade einmal 53,4 Prozent der Wahlberechtigten zog es zur Urne. Die niedrigste Wahlbeteiligung seit Gründung des Bundeslandes ist nicht nur, aber auch mit dem Fernbleiben vieler Sozialdemokraten zu erklären. Mit 25,2 Prozent erzielte die SPD ihr zweitschlechtestes Ergebnis im Lande.

Dies mag kaum am öffentlichen Bekenntnis der laut Parteiwerbung "wertorientierten" Ute Vogt liegen, einmal einen Orgasmus vorgetäuscht zu haben. Die SPD-Spitzenkandidatin beichtete solche Intimität kurz vor der Wahl einem lokalen Radiosender, Bild trug die Peinlichkeit in den Rest der Republik.

Der Grund für das schlechte Abschneiden der Genossen ist Vogt selbst - obgleich politisch nicht untalentiert und mit gewissem Charisma gesegnet, verfügt sie über keinen soliden Rückhalt in den Ortsverbänden, denen Vogt im fernen Berlin über lange Zeit fremd geblieben ist. Allein den Kandidaten in den Wahlkreisen dürfte zu verdanken sein, daß das Ergebnis nicht noch fataler ausgefallen ist. Aber auch hier gewann nur Frank Mentrup im Mannheimer Norden ein Direktmandat.

Zudem trug die SPD, die - gleich dem offenkundig ermüdeten Wahlvolk - stets die Koalition im Bund im Auge hatte, keine echten Kontroversthemen zu Markte. Mit dem beizubehaltenden Atomausstieg wilderte sie ein wenig im Revier der Grünen, derweil einem Verbot von Studiengebühren auch mancher einfache Arbeiter eher reserviert gegenübersteht. Ganztagesbetreuung, bessere Schulen und sonstige Verheißungen für Kinder und Eltern hielten derweil auch die Christdemokraten feil.

In ländlichen Regionen gilt die CDU als Staatspartei

Diese hatten im Vergleich zur Wahl 2001 leichte Einbußen hinzunehmen. Dennoch schlitterte die CDU aufgrund der Eigenheiten des Wahlsystems in Baden-Württemberg mit 44,2 Prozent nur knapp an der absoluten Mehrheit im Stuttgarter Landtag vorbei. Günther Oettinger, der vor einem Jahr den Ministerpräsidenten Erwin Teufel in den Zwangsruhestand nötigte und seither als "Königsmörder" galt, sieht sein Amt nun per Wahl bestätigt und möchte die Koalition mit der FDP (sie konnte sich um 2,6 Punkte auf 10,7 Prozent verbessern) fortsetzen - trotz einiger offenkundiger Affinitäten Oettingers zu den Grünen, die mit 11,7 Prozent und 17 Abgeordneten ihre Präsenz im Landtag nahezu verdoppeln konnten.

Daß vor allem in konservativen ländlichen Regionen die CDU quasi als Staatspartei angesehen wird, kommt Oettinger und dessen Modernisierungskurs entgegen. Die Entlassung von Ex-Sozialminister Andreas Renner Ende Januar ob verbaler Entgleisungen dem Rottenburger Bischof gegenüber und einige "rechte" Aktionen (etwa der mit Beginn des Jahres eingeführte Fragebogen zur Einbürgerung) im Wahlkampf sicherten somit auch diesmal die Vorherrschaft.

Herbe Verluste haben daher auch die Republikaner um Rolf Schlierer zu beklagen, die ihr Ergebnis von 2001 fast halbierten und mit 2,5 Prozent noch hinter der gleichfalls erfolglosen WASG (3,1 Prozent) landeten.

Foto: Absturz für die SPD: Ministerpräsident Oettinger regiert weiter


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