© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/06 14. April 2006

Vor den Reichstag!
von Rudi Ehninger

Verteidigungsminister Jung will das Ehrenmal für die im Einsatz gefallenen Soldaten der Bundeswehr auf dem Areal des Bundesministeriums der Verteidigung in Berlin errichten lassen: Denn der Bendlerblock, so der Minister, wo 1944 Stauffenberg den Umsturz versuchte, sei der Ort, "der für die Bundeswehr steht".

Die politisch gewollte Verengung des Traditionsbegriffs auf den 20. Juli ist bekannt. Daraus aber abzuleiten, das Ehrenmal gehöre vor allem in diesen Zusammenhang, auch wenn die Öffentlichkeit zum Bendlerblock allenfalls eingeschränkten Zugang hat, wirkt konstruiert. Das Ehrenmal gehört an einen Platz, wo es von den Deutschen wahrgenommen werden kann! Das Volk soll und muß zur Kenntnis nehmen, daß der Einsatz seiner Soldaten mit Opfern verbunden ist. Der von Jung gewählte Standort nährt zudem den Verdacht, daß man Schwierigkeiten aus dem Wege gehen möchte. Der Mut, der den Soldaten in Kabul, Kundus, vielleicht bald auch im Kongo, abverlangt wird, wäre auch den politisch Verantwortlichen zu wünschen.

Warum steht das Ehrenmal nicht da, wo die Entscheidungen fallen: vor dem Kanzleramt oder dem Reichstag! Wo bleibt die Empörung derjenigen, die so oft und gern das Wort von der "Parlamentsarmee" im Munde führen?

 

Brigadegeneral a.D. Rudi Ehninger war zuletzt Chef des Stabes des Deutsch-niederländischen Korps in Münster.


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