© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/06 14. April 2006

Grüne Parallelgesellschaft
Integration II: Claudia Roth hat die Schuldigen für die Probleme der Einwanderer ausgemacht
Anni Mursula

Wir wollen hier keine leeren Parolen, sondern Lösungen bieten", versprach Omid Nouripour zum Anfang der Grünen-Fachtagung "Jung, männlich, Migrant = Verlierer?" am vergangenen Freitag in Berlin. Das Mitglied des Bundesvorstandes der Grünen forderte das Publikum auf, die Redner sogar zu unterbrechen, wenn ihre Aussagen zu leer wirken sollten.

Ein mutiger Ansatz bei einer Fachtagung zum Thema Integration, organisiert von den "Multikulti-Träumern", wie die Grünen sich mittlerweile sogar selbst bezeichnen. Indes: Man hatte sich zu früh gefreut, wenn man glaubte, bei dieser Ankündigung etwas Handfestes geboten zu bekommen. Tatsächlich wurden wieder einmal nur grüne Stereotype geliefert. Anschließend gab es für die leeren Worte trotzdem heftigsten Applaus.

Das Thema "junge männliche Einwanderer" ist nur eine Woche nach der Lehrer-Meuterei in der Neuköllner Rütli-Schule höchst aktuell - sagte auch Claudia Roth, Bundesvorsitzende der Grünen, zur Eröffnung. Trotzdem vergaß sie nicht im nächsten Satz zu betonen, daß das ZDF Jugendlichen für das Prügeln vor der Kamera Geld gezahlt haben soll. Dieses Bild von ausländerfeindlichen deutschen Journalisten paßt gut in ihr Konzept, denn ihrer Meinung nach ist allein die deutsche Gesellschaft für die Integrationsprobleme verantwortlich. Laut Roth wollen die Einwanderer integriert werden, aber die Deutschen würden sie daran hindern.

Roth sprach außerdem von einer "Gesinnungstest-Euphorie". Es sei ein Paradox, die Verfassungsfestigkeit der Einwanderer mit "Muslim-Tests" prüfen zu wollen, da diese Tests selber im Widerspruch zur Verfassung stünden. Schließlich erinnerte Roth das Publikum daran, daß ausländerfeindliche Gewalttaten in Deutschland ein massives Problem darstellen würden. Statt von rechter Gewalt zu sprechen, würde die Gesellschaft mittlerweile nur von den Gewalttaten junger männlicher Migranten sprechen.

Warnung vor den "Superintegrierten"

Sanem Kleff, Geschäftsführerin des Projektes "Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage", forderte neue Vorbilder für muslimische Jungen. Ihrer Meinung nach liegt das Problem der Integration in einer fundamentalen Krise der Geschlechterrollen. Da die Gesellschaft hierzulande sich grundlegend "verweiblicht" habe, schreibe man muslimischen Jungen übertriebene Männlichkeit zu. Junge muslimische Männer seien seit dem 11. September 2001 die "Teufelsgruppe" der Gesellschaft geworden. Diese Verteufelung bewirke jetzt eine Identifikation der Jungen mit der zugeschriebenen Rolle. Die Gewalttätigen Jugendlichen seien nur so, weil sie von der Gesellschaft so gesehen würden. Hier trifft man dann wieder auf das Lieblingsmotto der Grünen: "Die Gesellschaft ist schuld, daß ich so bin."

"'Multikulti' ist immer noch ein sinnvolles Konzept", sagte auch Heiner Bielefeldt, Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte, und erntete vehementes Kopfnicken. Analysen, Beobachtungen und Anglizismen konnte der Menschenrechtsexperte verkaufen - dennoch sprach er die aktuellen Probleme nicht ein Mal konkret an. Statt dessen analysierte er das Wort "Integration" und seine Bedeutungen und sprach mit einem ironischen Unterton von den "Superintegrierten". Schließlich erzählte er, daß Gesinnungstests typische "Initiationsrituale" seien - deren Hauptfunktion sei die Demütigung.

Man wunderte sich, wo die Lösungen denn nun bleiben. Hat irgendein Teilnehmer etwas gesagt, was der deutschen Gesellschaft weiterhilft? Vielleicht sind es doch nicht nur die Ausländer, die in einer Parallelgesellschaft leben - sondern vor allem die Grünen. Denn sie scheinen, das hat die Veranstaltung gezeigt, weit weg von der gesellschaftlichen Realität zu leben.


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