© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/06 14. April 2006

Aufgeschnappt
Was macht der "Spiegel" nun?
Matthias Bäkermann

Wir haben die Karten nicht aus Propaganda- oder Verherrlichungsgründen hergestellt", versichert der angeklagte Salzburger Verleger Edgar D. fassungslos. Auf Postkarten, die auf die "Dokumentation Obersalzberg" hinweisen, ein Museum über die Berchtesgadener Residenz Hitlers und anderer NS-Größen, prangt ein Bild des Leibhaftigen höchstpersönlich - Hitler in Uniform und Schulterriemen.

Richter Gerhard Scheungrab am Amtsgericht Laufen kannte keine Gnade. Er wertete den Abdruck nach Paragraph 86 a Strafgesetzbuch (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und brummte dem Österreicher dreißig Tagessätze à fünfzig Euro auf. Scheungrab beruft sich auf den Bundesgerichtshof, der 1965 auch Hitlers Kopfbild diesem Paragraphen zuordnete, da es im Dritten Reich überall präsent gewesen sei. Und obwohl die fast 2.000 verkauften Karten "einen sehr wohlgestalteten Hitler in den besten Jahren" abgebildet hätten - eigentlich strafverschärfend -, berücksichtige das Strafmaß, daß der Verleger "die deutsche Rechtslage nicht ausreichend gekannt" habe. Dieser wolle den "milden" Rechtsspruch wohl annehmen. Beim Spiegel in Hamburg, der fast turnusmäßig mit Hitler aufmacht, dürfte das Urteil einen Schock auslösen. Schließlich liegt der letzte Seite-eins-Hitler (19/05) schon fast ein Jahr zurück - es wäre wieder Zeit gewesen.


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