© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

Geburtstagsfeier
Bochum: Die Evangelische Kirche und Mohammed
Anni Mursula

Zur Eröffnung der Karwoche am Sonntag vor Ostern stand in der Bochumer Christuskirche nicht Jesus, sondern Mohammed im Mittelpunkt. Muslime und Christen feierten in der evangelischen Kirche zum ersten Mal gemeinsam die Geburt des Propheten Mohammed.

Rund tausend Menschen haben an der Feier teilgenommen, mehrheitlich Moslems aus Moscheegemeinden im Ruhrgebiet. Die Initiative für die Veranstaltung ging von der in der Türkei aufgewachsenen SPD-Politikerin Ayla Schmelzer aus. Ihr Ziel war es, nach dem Karikaturenstreit Brücken zwischen den Religionen zu bauen. "Dies ist ein verheißungsvolles Zeichen in einer politisch aufgeladenen Situation", sagte sie. Man müsse auf Versöhnung statt Haß setzen und statt der Konfrontation den Dialog suchen, sagte auch ein Sprecher des evangelischen Kirchenkreises Bochum gegenüber der JUNGE FREIHEIT. Der Pfarrer der Christuskirche Thomas Wessel selber wollte sich gegenüber der JF nicht äußern. Es sei verwunderlich, daß eine gemeinsame Feier von Christen und Muslimen so viel Aufregung verursache, sagte stattdessen der Sprecher. Dabei würden Kirchenräume doch ständig für "Events" aller Art benutzt - warum dann nicht als Ort für "interreligiöse Versöhnung"?

Und genau hieran stören sich die Kritiker der ungewöhnlichen Feier: Christliche Gotteshäuser werden immer öfter zweckentfremdet. In den vergangenen Jahren dienten Kirchen bereits als Schauplatz für Modenschauen oder Rockkonzerte. Seit der Geburtstagsfeier für Mohammed geht es allerdings nicht mehr um einen bloßen Säkularisierungsprozeß, sondern auch um eine Relativierung des christlichen Glaubens. Die Veranstaltung war zwar kein Gottesdienst im liturgischen Sinn gewesen, aber neben dem Kreuz wurden Verse aus dem Koran projiziert. In der Vergangenheit wurde schon öfters diskutiert, ob stillgelegte Kirchen in Moscheen umgewandelt werden sollten. Günter Grass etwa hatte vor zwei Jahren vorgeschlagen, daß die Kirche in Lübeck als "große Geste" eines ihrer Gotteshäuser zur Moschee umwidmen sollte. Bischof Hans Christian Knuth lehnte den Vorschlag ab: "Kirchen sind ein in Stein gehauenes Symbol christlicher Verkündung." Als Alternative schlug er vor, das Grass-Haus zur Moschee zu machen.

Gespräche mit den Verantwortlichen

Der Dezernent der evangelischen Landeskirche Westfalens für die Beziehung zum Islam, Gerhard Duncker, hält den Dialog mit dem Islam für wichtig - dennoch müsse man sich fragen, in welchem Kontext er stattfindet. Gegenüber der JF sagte Duncker, er könne gut verstehen, wenn eine solche Veranstaltung bei Christen Befremden auslöse. Ein Gemeinderaum wäre seiner Meinung nach für diesen Zweck akzeptabler gewesen. "Christen sollen sich ruhig von Muslimen einladen lassen und sie können Muslime selber einladen, aber die Frage ist, ob eine Kirche der richtige Ort dafür ist", sagte er und kündigte Gespräche mit den Verantwortlichen an.


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