© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/06 21. April 2006

Moslems fordern Staatsvertrag
Religion: Islamische Organisation verlangt Schutz islamischer Feiertage und Sendezeit im Fernsehen / Undurchsichtige Rolle in der Endzeit des SED-Regimes
Michael Kreuzberg

Alle Religionen sind gleich und gut, solange die Leute, die sie ausüben, ehrliche Leute sind, und wenn Türken und Heiden kämen, um das Land zu bevölkern, so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen." Als Friedrich der Große diesen aufgeklärten Gedanken äußerte, konnte er schwerlich ahnen, daß Preußens Hauptstadt eines Tages 250.000 Muslime beherbergen würde. Wenigstens 50.000 davon sollen von der Berliner "Islamischen Religionsgemeinschaft" vertreten werden, deren erklärtes Ziel es ist, mit der "Gleichberechtigung" des Islam auf deutschem Boden ernst zu machen.

Nach dem Modell eines kürzlich mit der EKD abgeschlossenen Kirchenvertrages hat die Gemeinschaft unter der Leitung ihres Präsidenten Abdurrahim Vural nun der deutschen Regierung einen "Staatsvertrag" zur Unterzeichnung vorgelegt, der eine beträchtliche Erweiterung muslimischer Rechte vorsieht. Gefordert werden unter anderem selbständige Ämtervergabe "ohne Mitwirkung der Bundesrepublik", Schutz islamischer Feiertage, unentgeltliche Seelsorge und "Beachtung ritueller Speisevorschriften" in öffentlichen Einrichtungen, Sendezeiten "für Zwecke der Verkündung" in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und eine Vertretung in deren jeweiligem Aufsichtsgremium sowie ein komplett von der Gemeinschaft kontrollierter Religionsunterricht an den Schulen.

Für diese Vorhaben werden von der Bundesrepublik zusätzlich massive Geldmittel gefordert, etwa die Erstattung von 90 Prozent der Lehrmittelkosten sowie jährliche Zuschüsse in Millionenhöhe "zum Zwecke des Aufbaus und zur Aufrechterhaltung islamischen Gemeinschaftslebens in Deutschland". Die Forderungen fußen vor allem auf dem "Gleichbehandlungsgrundsatz" und sind durchgehend in weichgespültes liberales Vokabular eingepackt, "Demokratie", "Respekt", "freiheitliche Ordnung", "Kooperation" und angebliche "beiderseitige Interessen" sind gängige Ausdrücke. Die "Freundschaftsklausel" sieht die Beilegung "etwa entstehende(r) Meinungsverschiedenheiten" auf "freundschaftliche und partnerschaftliche Weise" vor. Daß gegebenenfalls mit der "Freundschaft" schnell ein Ende ist, zeigt das Vorgehen der Gemeinschaft, die nun nach Ablehnung des ersten Vertrages durch das Land Berlin eine verfassungswidrige "Diskriminierung" konstatieren zu können glaubt und die Unterzeichnung einklagen will. Dabei pocht Präsident Vural auf den angeblich legalen Status der Gemeinschaft als "Körperschaft des öffentlichen Rechts".

Späte Anerkennung durch den Ministerrat der DDR

Die offiziellen Mitteilungen verlautbaren, die Gemeinschaft bekenne sich "zur Tradition des seit dem 18. Jahrhundert in Preußen praktizierten Islam" und wäre "bereits seit dem Jahre 1851 im deutschsprachigen Raum tätig". Schlappe 150 Jahre später, im Frühjahr 1990, sei schließlich die staatliche Anerkennung durch den Ministerrat der DDR erfolgt. Eine konstruierte Kontinuität, hinter der manches pikante Detail zum Vorschein kommt: Abdul Majid Younes, der Gründer der "Islamischen Religionsgemeinschaft", ein zwielichtiger Geschäftsmann mit syrischem und jordanischem Paß und mutmaßlichen Kontakten zu arabischen Terroristen, wurde 1972 nach dem Münchener Olympiaattentat wegen Mitgliedschaft in der Generalunion Palästinensischer Studenten aus der Bundesrepublik ausgewiesen und emigrierte in die DDR. Dort stand er in engem Kontakt zu SED-Kreisen. Younes bekam im Mai 1990 einen Scheck im Wert von satten 37,5 Millionen D-Mark aus Parteigeldern zur Förderung des Vereins ausgestellt. Ein Hauptverantwortlicher des Transfers war Medienberichten zufolge Gregor Gysi. Zu diesem Zeitpunkt war die "Islamische Religionsgemeinschaft" vermutlich nichts weiter als eine Deckorganisation, um Teile des immensen SED-Vermögens vor dem Zugriff durch Wendeparagraphen zu schützen.

Der Handel platzte schließlich, Younes ist untergetaucht, und die "Religionsgemeinschaft" steht nun im Dienste des islamischen Kulturkampfes. Dabei wird sie unterstützt von mehreren Berliner Moscheen sowie nicht-islamischen Vereinen wie dem "Schöneberger Elternverein e.V". Es wird versucht, mit kulturellen und sozialen Projekten in der Hauptstadt massiv Einfluß vor allem auf die Integrationsarbeit zu nehmen. Die Verlautbarungen der Organisation verurteilen unter anderem das Abdrucken der dänischen Mohammed-Karikaturen (eine Strafanzeige gegen die Nachrichtenmagazine Focus und Spiegel wurde erstattet), die "Deutschpflicht" auf Berliner Schulhöfen und den baden-württembergischen Fragebogen und feiern die Berliner Einbürgerungskampagne "Du paßt zu mir". In den Einbürgerungen liegt schließlich die Hauptmachtgrundlage der Gemeinschaft.

Die Notwendigkeit eines Staatsvertrages wird begründet mit den Worten: es sei "unter Berücksichtigung der Entwicklung der islamischen Religion in der Gesellschaft und der ständig steigenden Zahl der Anhänger dieser Religion in Berlin eine staatsvertragliche Regelung der vielschichtigen Verhältnisse zwischen den Vertragsparteien unabdingbar." Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet: Abdurrahim Vural steht im Verdacht der Veruntreuung von Vereinsgeldern.


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