© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/06 28. April 2006

Wiederauferstehung eines Prestigeprojektes
"Kampf gegen Rechts": Angesichts der Ereignisse in Potsdam fordern linke Politiker die Aufstockung der staatlichen Mittel für "zivilgesellschaftliche" Initiativen
Holger Wartz

Während ein 37jähriger Deutsch-Äthiopier im Krankenhaus um sein Leben ringt, bricht vor allem bei der rot-grünen Stammklientel Goldgräberstimmung aus. Vor einigen Wochen ging dort noch die Angst um, der Geldsegen aus Steuermitteln würde langsam versiegen.

Die Rede ist vom millionenschweren "Kampf gegen Rechts", einem Prestigeprojekt der abgewählten rot-grünen Bundesregierung, ins Leben gerufen im Jahr 2000 von Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Er nannte es den "Aufstand der Anständigen". Seitdem wurden etwa 150 Millionen Euro in 4.000 Initiativen, Gruppen und andere Kreise investiert, um "zivilgesellschaftlich" gegen den Rechtsextremismus vorzugehen, der laut SPD-Doktrin "aus der Mitte der Gesellschaft" stammt. Neben Grünen- und SPD-nahen Organisationen profitierten nicht zuletzt linksextremistische Verfassungsfeinde von den Steuergeldern.

2006 hätte die Finanzierung auslaufen sollen, was zu einer regelrechten Panik bei den Initiativen führte (JF 37/05). Für sie kam "Potsdam" gerade recht. Egal wie es ausgeht, die linken, steuerfinanzierten Gruppen werden sich als moralische Sieger präsentieren und die Finanzierung ihrer zweifelhaften Projekten einfordern.

Sollte sich herausstellen, daß es sich bei den Tätern um organisierte Rechtsextremisten handelt, so kann man wieder zum neuen "Kampf gegen Rechts" trommeln, bei dem - wie es die Parole bereits aussagt - die Hauptkampflinie bereits rechts von der politischen Mitte liegt. Handelt es sich um nicht organisierte Täter, sondern wie vermutet um eine Schlägerei unter Alkoholisierten, werden die Initiativen die Beschimpfung des Opfers als "Nigger" als Beleg für einen gesellschaftlich akzeptierten Rassismus vorbringen. Der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat dies bereits kurz nach der Tat in einem Interview im Deutschlandfunk ins Feld geführt.

Es sind allerdings derzeit auffälligerweise vor allem SPD-nahe Organisationen, die sich in der Debatte in Stellung bringen, fast so, als wollten die Sozialdemokraten den Streit um die Gelder gegen Rechts als eine ihrer Kernpositionen in der schwarz-roten Koalition behaupten. Dort ging man noch vor wenigen Wochen davon aus, daß die Millionenprogramme gegen Rechts - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der miserablen Haushaltslage - auslaufen würden.

Nun ist jederlei Kritik und Widerstand gegen diese gigantische Verschwendung von Steuermitteln in sich zusammengebrochen. Kurz nach dem Verbrechen in Potsdam ließ sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits dazu hinreißen, den Weiterbestand der Finanzierung für "zivilgesellschaftliche" Initiativen zu garantieren - ein Schlag ins Gesicht vor allem für jene Unionspolitiker, die sich seit Jahren für den Stopp der Alimentierung einsetzen.

Dabei gäbe es auch jetzt wieder genug Ungereimtheiten, auf die aufmerksam gemacht werden müßte. So war auch der Verein Brandenburg gegen Rechts e.V. wieder schnell zur Stelle. Bereits im Januar 2003 sorgte der Verein für erheblichen Zündstoff, als der Verdacht aufkam, die SPD betreibe hier illegale Parteienfinanzierung. Brandenburg gegen Rechts wird von den Jusos, den "Falken" ("sozialistische Jugend Deutschlands") und der Berlin-Brandenburgischen Landjugend getragen. Damals ließ sich der Verein über Gelder der Landeszentrale für politische Bildung einen "Schülerkalender" finanzieren, der neben linksradikalen Texten vollgestopft war mit Werbung für SPD-nahe Organisationen.

Heute hat sich nicht viel geändert bei dem Verein, der jetzt medial Spenden sammelt, um "die betroffene Familie des Opfers" zu unterstützen. Geschäftsführer ist Lars Krumrey, der gleichzeitig auch Landesgeschäftsführer der brandenburgischen SPD ist. Im Berliner Boulevardblatt B.Z. fordert Krumrey, dessen Vereinsgeschäfte undurchsichtig sind, eine "Kultur des Hinschauens".

Auch Ex-Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye (SPD) hat wieder Oberwasser. Sein Verein "Gesicht zeigen", der von Heye, Paul Spiegel und Michel Friedman im August 2000 mit dem Ziel gegründet wurde, "gegen rechte Gewalt aktiv zu werden und für ein weltoffenes Deutschland einzutreten", dürfte zweifelsohne auch zu den Profiteuren einer Neuauflage des "Aufstands der Anständigen" gehören.

Heye weiß, welchen Ton er anschlagen muß. Der "blutige Überfall auf einen dunkelhäutigen Deutschen äthiopischer Herkunft in Potsdam" habe ihn "mitgenommen, zornig gemacht". Die Tat verdeutliche, daß man "einen langen Atem braucht", um gegen Fremdenfeindlichkeit vorzugehen. In der Fernsehsendung "Sabine Christiansen" forderte er, keine Gelder für Integrationsprojekte zu kürzen und "die Jugendlichen nicht sich selbst zu überlassen".

Schon früher war er sich für den einen oder anderen verbalen Ausfall nie zu schade und malte gerne Schreckenszenarien an die Wand: "Vielerorts regiert die Angst", so Heye im Jahr 2000, "selbst viele Lokalredaktionen trauen sich aus Furcht vor Repressalien nicht mehr, eine einzige Zeile über die Aktivitäten von Rechtsextremisten in ihren Gemeinden zu berichten." Heye ist gleichzeitig Chefredakteur der SPD-Parteizeitung Vorwärts.

Erinnerungen an das Jahr 2000 werden wach

Aus Kreisen der SPD und der Grünen wird an das Jahr 2000 erinnert, und an die "zivilgesellschaftliche" Aufbruchsstimmung, die weite Kreise der Bevölkerung damals erfaßte. In der Tat ist der Vergleich so falsch nicht. Erinnern wir uns. Auslöser für den "Aufstand der Anständigen" waren zwei Attentate in Düsseldorf: ein Brandanschlag auf eine Synagoge sowie ein Sprengstoffanschlag auf Juden an einem S-Bahnhof.

Beide Taten waren nicht das Werk von Rechtsextremisten, trotz anfänglicher Verdachtsmomente. Doch die Eigendynamik der Hysterie war nicht mehr aufzuhalten. Ein Produkt dieser Welle waren die steuerfinanzierten Programme gegen Rechts.

So ist nicht auszuschließen, daß es mit dem Fall von Potsdam ähnlich verlaufen wird. Selbst wenn sich herausstellen sollte, daß es sich nicht um ein "rassistisches Attentat", sondern lediglich um eine unglücklich verlaufene Suff-Schlägerei handelt, werden die linken Projekte ihre weitere Alimentierung auf Jahre gesichert wissen.

Foto: "Antifaschisten" demonstrieren vergangene Woche in Potsdam: Staatliche Finanzierung


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