© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/06 28. April 2006

Frisch gepresst

Heuschrecken. Das Buch des früheren Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Börse AG, Werner Seifert, liest sich wie eine Abrechnung und ist wohl auch als solche gemeint. Feindbilder des 2005 geschaßten Managers sind die "Finanzinvestoren", die einst vom SPD-Politiker Franz Müntefering als "Heuschrecken" bezeichnet wurden. Daß diese Bezeichnung allerdings im Auge der Betrachters begründet ist, beweist sein Genosse und Kabinettskollege Peer Steinbrück, der das zukünftige Engagement des US-amerikanischen Hedgefonds "Blackstone" als drittgrößter Aktionär der Telekom als "konsequenten Schritt" goutierte. Seifert wertet das Interesse der finanzstarken Fonds an der "Deutschland AG" indes als "Attacke". Aus eigenem Erleben schildert Seifert, der mit seinem Bemühen scheiterte, die Londoner Börse zu übernehmen, dezidiert die Eroberung seines Unternehmens durch den Fonds TCI, welche ihn schließlich wegen seiner Abwehrversuche den Job kostete. Mit seinem Co-Autor Hans-Joachim Hoth läßt Seifert den Leser in die Welt der Hochfinanz eindringen, ohne zu sehr mit Börsenlatein zu langweilen. Die Geschichte endet mit einer Aufforderung an die Politik, die Rahmenbedingungen wie zum Beispiel das Gebot der Unternehmenstransparenz zuungunsten undurchsichtiger "Heuschrecken"-Fonds einzuführen (Invasion der Heuschrecken. Intrigen - Machtkämpfe - Marktmanipulation. Econ Verlag, Berlin 2006, 266 Seiten, gebunden, 19,95 Euro).

Spanien. Zerfällt Spanien wie einst die Vielvölkerstaaten Jugoslawien und Sowjetunion? Oder kann die Zauberformel "Vielfalt in Einheit" und eine Portion nationale Symbolik das Land zusammenhalten? Der Historiker Sören Brinkmann verweist darauf, daß das Verhältnis zwischen Region und Zentralstaat schon im 19. Jahrhundert heikel war - auch im kastilischen Kernland, nicht nur in den Grenzregionen. Die Promotion, unterstützt vom Historiker Peter Brandt und dem Spanienexperten Walther Ludwig Bernecker, skizziert die Projekte, die das spanische Nationalbewußtsein mobilisieren sollten: Totenmessen, Feiertage, Reiterstandbilder, Denkmäler und ein nationales Pantheon für die "großen Männer" Spaniens. Kontroversen entzündeten sich an der Frage, wer die wirklichen Helden Spaniens waren und ob der Nationalstaat oder die Provinzen Anspruch auf die Gebeine der großen Männer haben (Der Stolz der Provinzen. Regionalbewußtsein und Nationalstaatsaufbau im Spanien des 19. Jahrhunderts. Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 2005, 235 Seiten, broschiert, 42,50 Euro).

Schulkritik. Gymnasialpädagoge Frank-Rüdiger Halt ist ein Freund von Kürze und Prägnanz. Auch unter Einhaltung dieses Prinzips gelingt es ihm, in seiner Philippika die Schwachpunkte des bundesdeutschen Bildungssystems umfassend zu benennen und zum Fazit zu kommen, daß (fast) alle Reformen nach 1968 als gescheitert betrachtet werden müssen (Schulmeister auf Krücken. Battert Verlag, Baden-Baden 2006, 69 Seiten, broschiert, 10,10 Euro).


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