© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/06 28. April 2006

Frisch gepresst

Radnitzky. Die Veröffentlichung seiner Autobiographie sollte der Wirtschaftstheoretiker und Philosoph Gerard Radnitzky, der am 11. März dieses Jahres verstarb, nicht mehr erleben. So sind die "Erinnerungen und Reflexionen eines politisch Unkorrekten" unfreiwillig zum Vermächtnis des international angesehenen Wissenschaftlers geworden (JF 12/06). Geboren 1921 im südmährischen - österreichisch geprägten - Znaim, erlebte Radnitzky die Repressionen der Tschechen ebenso wie den Anschluß seiner Heimat an das Deutsche Reich 1938. Im April 1945 setzte sich der Kampfpilot nach Schweden ab. Dort studierte er Philosophie, promovierte und lehrte an verschiedenen Universitäten. Nicht erst die Erfahrungen mit der kollektivistischen Unrechtspolitik des Nationalsozialismus, auch alle sozialistisch geprägten Gängelungen in seinem skandinavischen Domizil ließen Radnitzky - ebenso wie die Kollegen und Freunde der "österreichischen Schule" wie Hayek oder Popper - eine Grundskepsis gegenüber etatistischen Versuchungen hegen, gegen die Radnitzky als feste Größe der Libertären bis zuletzt ankämpfte (Das verdammte 20. Jahrhundert. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2006, 353 Seiten, gebunden, 19,80 Euro).

Sowjetzone. Im April 1945 beginnt der halbwüchsige Ulrich Picht, dessen thüringische Heimat noch kurzzeitig von US-Amerikanern besetzt wird, ein Tagebuch, in das er bis in die fünfziger Jahre seine Eindrücke einträgt. An dieser Vorgabe orientiert Picht seinen "Angstroman" über die Jahre 1945 bis 1955. In fesselndem Stil reiht er kapitelweise die Ängste dieser Zeit aneinander: vor dem Kriegsende, den später einrückenden Russen, den "Antifaschisten" und ihrem Regime, schließlich - nach dem Scheitern des 17. Juni 1953 - die Angst vor der Flucht aus dem stalinistischen Gefängnis über die Berliner Sektorengrenze (Sonne schön wie nie. Books on Demand, Norderstedt 2005, 349 Seiten, broschiert, 18,50 Euro).

Überlebt. Daß auch die nachfolgende Generation an der Verarbeitung der historischen Zäsur vom 8. Mai 1945 Teilhabe hat, beweist Claus Wolfschlag, Jahrgang 1966, indem er die Berichte aus seinem persönlichen Umfeld, die das Leben in zerstörten Städten, Gefangenschaft, das Erleben von Flucht, Vertreibung und Besatzung authentisch wiedergeben, dem Vergessen entreißen will ("Alle hatten überlebt ...", Edition Octopus, 140 Seiten, broschiert, 12,50 Euro).


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