© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/06 05. Mai 2006

UMWELT
Der Deutsche hält sich für umweltbewußt
Volker Kempf

Die Deutschen sind Musterschüler bei Mülltrennung und Energiesparen. Laut einer Umfrage des Magazins Zeitwissen gaben 92 Prozent der Befragten an, bei Verlassen ihrer Wohnung das Licht auszumachen und die Heizung zu drosseln, um Energie zu sparen. Ebenfalls 92 Prozent trennen ihren Abfall konsequent. Spitzenreiter sind die Rheinland-Pfälzer mit 99 Prozent Mülltrennung, weit unter dem Schnitt die Hamburger mit 68,5 Prozent. Daß Selbsteinschätzungen über das Umweltverhalten aber nicht viel bedeuten müssen, ist in den Wissenschaften lange bekannt. Auch hier korreliert die Selbsteinschätzung der Deutschen nicht mit den Erfahrungen der Abfallindustrie, wie Zeitwissen in seiner aktuellen Ausgabe schreibt.

Denn etwa ein Viertel des Papier-, Glas- und Verpackungsabfalls würden in der falschen Mülltonne landen. Offenbar fühlen sich viele Verbraucher von den verwirrenden Vorschriften zur Mülltrennung überfordert. 20,5 Prozent der Befragten geben schließlich an, die Mülltrennung zu mühsam zu finden, sie würden den Müll gerne in eine einzige Tonne werfen. Für die Umwelt muß etwas getan werden, sind sich fast alle Befragten einig und geben sich gerne Mühe. Die Wiederverwendung von Wertstoffen ist aber auch nur ein Aspekt des Umweltverhaltens. Wer viel verdient, wird mit seinem Geld auch mehr anstellen, was der Umwelt schadet. Mülltrennung mag da das Konsumenten-Gewissen entlasten, eine Solar-Armbanduhr das Gewissen beim Flug in Übersee. Im internationalen Vergleich verbrauchen die Deutschen aber durchaus viel Energie - nicht so viel wie die US-Amerikaner, aber deutlich mehr als ein Inder oder Chinese. Alles ist relativ, auch beim Umweltverhalten.


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